1. 1. Einleitung des Ermittlungsverfahrens

1.2. Einleitung von Amts wegen oder aufgrund amtlicher Wahrnehmung

Die Strafverfolgungsbehörde kann auch durch amtliche Wahrnehmung Kenntnis vom Verdacht einer Straftat erlangen und von Amts wegen das Strafverfahren einleiten. Die Strafverfolgungsbehörden sind gem. § 160 Abs. 1 StPO sogar verpflichtet Ermittlungen aufzunehmen. Dies bedeutet auch, dass glaubwürdigen Gerüchten oder (ernst zu nehmenden) anonymen Hinweisen nachgegangen werden muss.

Auch bei Antragsdelikten sind die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet Ermittlungen aufzunehmen, allerdings erst dann, wenn ein wirksamer Strafantrag gem. § 77 StGB gestellt wurde. Wird im weiteren Verfahren der Strafantrag zurückgenommen oder war er nicht wirksam gestellt, so kann das Verfahren dennoch fortgeführt werden, wenn die Staatsanwaltschaft dort, wo das Gesetz dies vorsieht, das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht, vgl.  bspw. § 230 Abs. 1 StGB. Bei reinen Antragsdelikten gilt dies jedoch nicht. Wird der Strafantrag nicht oder nicht rechtzeitig gestellt oder später wirksam zurückgenommen, so liegt ein endgültiges Verfolgungshindernis vor, das regelmäßig die Einstellung des Verfahrens zur Folge hat (vgl. dazu Thema 3 (3.1.-3.3.).

Probleme bereiten Hinweise oder Wahrnehmungen, die die Beamten der Staatsanwaltschaft oder der Polizei außerdienstlich erlangt haben. In solchen Fällen ist unklar, wie weit das Legalitätsprinzip reicht. Nach Ansicht des BGH wird eine Ermittlungs- und Anzeigepflicht bejaht, wenn es sich um Straftaten handelt, die nach Art und Schwere „die Belange der Öffentlichkeit in besonderem Maße berühren“ (BGHSt 12, 277 (281)). Dies stelle nach anderer Ansicht jedoch kein taugliches Abgrenzungskriterium dar. Eine Pflicht zum Einschreiten ergebe sich – bei außerdienstlich erlangter Kenntnis – bereits aus der beamtenrechtlichen Treuepflicht und verpflichte bei Kenntnis schwerer Straftaten, jedenfalls bei Verbrechen im Sinne des § 12 Abs. 1 StGB oder bei Vorliegen einer Katalogtat im Sinne des § 138 StGB zum Einschreiten (vgl. m.w.N. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 160 Rn. 10). Zum Verhältnis Legalitätsprinzip und Privatsphäre des StA vgl. bereits Thema 2. (3.5.).