Diagnostische Methoden I: Verhaltensbeobachtung in der Schule (Grundlagen, Arten der Beobachtung, Beobachtungssysteme, Beobachtungsfehler)
3. Überblick über Beobachtungssysteme
3.2 Zeichensysteme zur Verhaltensbeobachtung
Der Begriff „sign system“ ist wohl von Medley und Mitzel in einem Beitrag zum „Handbook of Research on Teaching“ 1963 eingeführt, im Deutschen meist als „Zeichensystem“ verwendet. Die Übersetzung als Merkmalsystem hat sich dagegen kaum durchgesetzt (alles zit. nach Trolldenier, 1985).
Die Anzahl von Zeichen pro System ist in der Literatur unterschiedlich und schwankt zwischen 1 und 70; meist sind es jedoch wenige, oft unter 10.
Bei einem Zeichensystem zur Verhaltensbeobachtung sind drei Dinge möglich: |
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Der Beobachter signiert also bei seiner Tätigkeit dann, wenn die festgelegten Verhaltensweisen auftauchen; wenn er andere bemerkt, signiert er nichts. Ein solches Zeichen kann ein Buchstabe sein oder auch eine Zahl. Vom Ablauf her kann auch in entsprechende Kästchen, die für jedes Zeichen stehen, ein Auszählungsstrich gemacht werden. Dann wäre allerdings keinerlei Abfolge festgehalten. Der Gesamtrahmen an Verhaltensweisen wird beim Zeichensystem nicht ermittelt, sondern eben nur ein Ausschnitt, der vorher festgelegt war.
Das fiktive Beispiel der Einleitung wird jetzt wieder aufgegriffen: Eddy steht im Mittelpunkt der Beobachtung und seine zu beobachtenden Verhaltensweisen können in drei Gruppen aufgeteilt und mit bestimmten Symbolen versehen werden:
Tabelle 7.1: Zu beobachtende Verhaltensweisen des Schülers Eddy. |
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Gruppe |
Symbol |
erwünschte, stille unterrichtsrelevante Mitarbeit (z.B. rechnet die angegebenen Aufgaben) |
+ |
lautes, vom Unterricht ablenkendes Verhalten (ruft nicht dazugehörende Sätze) |
O |
äußerlich gut erkennbare Zeichen der Beteiligung (meldet sich) |
! |
Für jedes Auftreten einer dieser Verhaltensweisen wird das entsprechende Symbol +, O oder ! gesetzt. Am Ende der Unterrichtsstunde werden für jede der drei Gruppen die Symbole zusammengezählt. Das wäre also ein Zeichensystem, ad hoc entstanden, die Verhaltensweisen nicht völlig überschneidungsfrei und im Ganzen nur einen Teil des Gesamtverhaltens betreffend. Es ermöglicht eine Charakterisierung des Verhaltens von Eddy im Unterricht.
Im Sinne der in der Psychologie vorgenommenen Unterscheidung nach grundlegenden Skalentypen bei Messvorgängen (s. Lehreinheit 5) kann man das Zeichensystem als Nominalskala sehen. Jede mit einem Zeichen belegte Verhaltensweise ist eine ebenbürtige Qualität für sich, die erkannt und zugeordnet wird.