2. Rahmenbedingungen Pädagogisch-Psychologischer Diagnostik

Diagnostische Tätigkeiten finden immer in einem größeren Kontext statt, der die Handlungsmöglichkeiten der beteiligten Personen mit bestimmt. Unmittelbar einleuchtend ist dies bei den rechtlichen Rahmenbedingungen: Lehrer/innen sind berechtigt (und verpflichtet) Schülerleistungen mittels Noten zu bewerten. Der Einsatz von Intelligenz- und Persönlichkeitstests bleibt dagegen Personen vorbehalten, die in psychologischer Diagnostik ausgebildet sind: neben Diplompsycholog/inn/en vor allem Schulpsycholog/inn/en, u.U. auch Sonderschul- oder Beratungslehrer/inne/n. Für die Frage, ob Lehrkräfte Schulleistungstests, z.B. zur Diagnose von Lernvoraussetzungen, einsetzen sollten, spielen ethische Rahmen-bedingungen eine Rolle: Man sollte diagnostische Werkzeuge nur anwenden, wenn die eigene diagnostische Kompetenz dazu ausreicht. Diese Frage muss jeder nach seinem Gewissen für sich selbst beantworten.

Diagnostische Tätigkeiten werden in einem Spannungsfeld zwischen individuellem und gesellschaftlichem Nutzen ausgeführt: Nicht alles, was einzelnen Personen hilft, ist auch für die Gesellschaft nützlich. Dies wird bei der Notengebung besonders spürbar. Ein zu milder Maßstab mag einzelnen schwächeren Personen helfen und das Selbstwertgefühl des Beurteilers stützen, insgesamt ist der Gesellschaft damit aber nicht gedient. Der Selektionsdruck wird dadurch nur nach hinten verschoben und an schwer kontrollierbare Instanzen weiter gereicht. Natürlich gibt es auch Fälle, in denen individueller und gesellschaftlicher Nutzen miteinander vereinbar sind, wie beispielsweise die auf diagnostische Befunde gestützte individuelle Förderung. Schließlich sind noch methodische Rahmen-bedingungen zu erwähnen, die in der Verfügbarkeit diagnostischer Erhebungs- und Auswertungsverfahren und im Hintergrundwissen und der methodischen Kompetenz des Diagnostikers bestehen.