5. Der Geschäftsgang

5.3. Fehlerquellen und Fehlerfolgen

Die Gemeinderatssitzung stellt vielerlei Hürden auf, die aufgrund deren Durchschlagen auf die Beschlussfähigkeit des Gemeinderats, für die Rechtmäßigkeit der gefassten Beschlüsse von Bedeutung sein können. 

a) Fehlerhafte Ladung zum Gemeinderat

Der erste Bürgermeister ist verpflichtet im Rahmen der Vorbereitung der Sitzung sämtliche Mitglieder des Gemeinderats ordnungsgemäß zu laden. Nicht verantwortlich ist der Bürgermeister für die tatsächliche Zustellung der Ladung, da diese außerhalb dessen Machtbereich liegt. Fehler bei der Ladung werden allerdings durch die positiv bestehende Beschlussfähigkeit geheilt. Erfährt ein nicht ordnungsgemäß geladenes Mitglied des Gemeinderats also trotz fehlender Ladung von der anberaumten Sitzung, wird der Ladungsmangel durch dessen Anwesenheit geheilt. Fehlt das Mitglied hingegen aufgrund des zurechenbaren Ladungsfehlers, fehlt dem Gemeinderat die erforderliche Beschlussfähigkeit. 

b) Ausschluss vom Stimmrecht wegen persönlicher Beteiligung

Nicht nur in der kommunalrechtlichen Ausbildung, sondern auch in der kommunalrechtlichen Praxis nimmt der Ausschluss vom Stimmrecht eine gewichtige Rolle in der Beschlussfassung ein. Die Rechtslage ist oft nicht eindeutig, weshalb erst eine gerichtliche Klärung Auskunft darüber geben kann, ob ein Mitglied des Gemeinderats entweder rechtmäßig vom Stimmrecht ausgeschlossen wurde oder nicht. Maßgeblich kommt es dabei auf Art. 49 GO an. Auszuschließen vom Stimmrecht ist zunächst ein Mitglied des Gemeinderats, wenn ein Beschluss desselben für ihn einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringen würde. Gleiches gilt, wenn der Vor- oder Nachteil dem Ehe- oder Lebenspartner, einem Verwandten oder Verschwägerten bis zum dritten Grad oder einer kraft Gesetzes oder durch juristische Vollmacht vertretenen natürlichen oder juristischen Person widerfährt. Ebenso wird ein Mitglied ausgeschlossen, wenn es in anderer als öffentlicher Eigenschaft ein Gutachten zu der Beschlusssache abgegeben hat. Die Ausschlussgründe gelten nicht, soweit es um die Wahl oder die durch Beschluss erfolgende Bestellung eines Mitglieds in einen Ausschuss geht. Der Gemeinderat entscheidet selbst, ohne Mitwirkung des möglicherweise Auszuschließenden, ob die Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 1 GO vorliegen. Für die Bestimmung des Verwandtschaftsgrades gilt § 1589 BGB, für die Bestimmung des Verschwägerungsgrades § 1590 BGB.

Wesentlich für die Auswirkung des Ausschlusses, also den Durchschlag eines fehlerhaften Ausschlusses oder eines fälschlicherweise unterlassenen Ausschlusses auf die Beschlussfähigkeit, ist nach Art. 49 Abs. 4 GO nur in solchen Fällen beachtlich, in denen der Fehler für das Stimmergebnis entscheidend war. Dies ist bei einer fehlerhaften Beteiligung dann der Fall, wenn der Abzug der konkreten Stimme des Mitglieds für den Ausgang des Beschlusses entscheidend war. Für den unrechtmäßigen Ausschluss eines Mitglieds kommt es darauf an, dass die hinzuzuaddierende Stimme am Gesamtergebnis der Wahl keine Entscheidungserheblichkeit mehr hat; d.h. das hypothetische Addieren zu den Ja- oder Nein-Stimmen keine Änderung am konkreten Entscheidungsergebnis mehr herbeiführt. 

c) Handhabung der Ordnung – Ausschluss von der Sitzung

Weitere Fehlerfolgenquelle ist die Handhabung der Ordnung durch den Bürgermeister, respektive den Gemeinderat. Grundsätzlich übt der erste Bürgermeister gem. Art. 53 GO die Ordnung und das Hausrecht während der Gemeinderatssitzung aus, dies berechtigt ihn zunächst solche Zuhörer von der Sitzung entfernen zu lassen, die die Ordnung grundsätzlich stören. Dies kann durch Zwischenrufe, Beleidigungen oder andere zur Störung der Ratstätigkeit geeignete Weisen erfolgen, die eine nicht unerhebliche Auswirkung auf die Geschäftstätigkeit des Gemeinderats einnimmt. Abzuwägen ist mit Blick auf den zu entfernenden Zuhörer das hier konkret individualisierte Interesse der Öffentlichkeit der Sitzung mit dem reibungslogen Geschäftsgebaren des Gemeinderats. 

Mit der Zustimmung des Gemeinderats ist der erste Bürgermeister ermächtigt, auch Mitglieder des Gemeinderats entfernen zu lassen, sofern diese die Ordnung fortgesetzt und erheblich gestört haben. Dieses Erfordernis setzt eine gesteigerte Störung der Ordnung der Gemeinderatstätigkeit voraus, die indes über eine bloße Störung hinausgeht. Eine einmalige Störung reicht aufgrund der fortgesetzten Störung ebenfalls grundsätzlich nicht zum Ausschluss aus dem Gemeinderat aus; anderes gilt hier, wenn das streitgegenständliche Verhalten eines Mitglieds permanent dilatorisch die Ordnung des Gemeinderats stört, bspw. durch uneinsichtiges fortgesetztes Zwischenreden o.Ä. Besonders renitente Mitglieder des Gemeinderats können nach Art. 53 Abs. 2 GO auch für insgesamt zwei weitere Sitzung ausgeschlossen werden, wenn diese innerhalb von zwei Monaten nach dem erstmaligen Ausschluss durch den Gemeinderat wiederholt die Ordnung stören. Der Zweck des Ausschlusses eines Gemeinderats liegt nicht in der Bestrafung desjenigen und kann daher nicht auf persönliche Gründe gestützt werden, sondern steht in strenger Akzessorietät zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Geschäftstätigkeit des Gemeinderats. Nach Art. 53 Abs. 2 GO ausgeschlossene Mitglieder müssen nicht nach Art. 47 GO zur Sitzung geladen werden.