5. Der Geschäftsgang

5.1. Allgemeines

Wesentlich ist der Alltag der Kommune vom Geschäftsgang des Gemeinderats geprägt. Der Gemeinderat gibt sich hierzu eine Geschäftsordnung, die grundlegende Bestimmungen zum Ablauf der Gemeinderatssitzungen und zu den Fraktionen und Ausschüssen des Gemeinderats enthalten muss. Der ordnungsmäßige Geschäftsgang des Gemeinderats ist Grundvoraussetzung einer ordentlichen Verwaltungstätigkeit durch die Gemeinde. Grundsätzlich beschließt der Gemeinderat durch Beschluss in öffentlicher Sitzung (Sitzungszwang, Art. 47 Abs. 1 GO). Beschlüsse des Gemeinderats bedürfen der formellen Rechtmäßigkeit, die sich neben Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsrechts (bspw. Art. 28 BayVwVfG) hauptsächlich aus der Ordnungsmäßigkeit der Gemeinderatssitzung ableitet. 

Zur Konstitution der Gemeinderatssitzung ist insbesondere die Lerneinheit „Der Gemeinderat“ zu beachten. Hieraus zu übertragen ist, dass die Gemeinderatssitzung durch den ersten Bürgermeister der Gemeinde geleitet wird, der gleichermaßen die Geschäfte der Gemeinde nach der durch die Geschäftsordnung vorgegebenen Verteilung verteilt. Von allgemeiner Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die Vorbereitung der Gemeinderatssitzung durch den ersten Bürgermeister, die auch die Ladung zu den Gemeinderatssitzungen beinhaltet. Die ordnungsgemäße Ladung der Mitglieder des Gemeinderats ist neben der Anwesenheit und Stimmberechtigung einer Mehrheit dieser, unabdingbare Voraussetzung der Beschlussfähigkeit des Gemeinderats. Die Beschlussfähigkeit des Gemeinderats ist also positiv formuliert dann gegeben, wenn sämtliche Mitglieder des Gemeinderats ordnungsgemäß durch den Bürgermeister zur Sitzung geladen wurden, die Mehrheit der Mitglieder zur Sitzung erscheint und insbesondere stimmberechtigt ist. Die Anwesenheit der Mitglieder des Gemeinderats während der Sitzung und deren Stimmberechtigung können auch als Beschlussfähigkeit im engeren Sinn bezeichnet werden, wohingegen die ordnungsgemäße Ladung, auch wegen deren Konkretisierungsbedürfnis durch die Geschäftsordnung des Gemeinderats zur Beschlussfähigkeit im weiteren Sinn zu zählen ist. Die Beschlussfähigkeit des Gemeinderats ist in ihrer Dreifaltigkeit eine häufige und in der juristischen Ausbildung klausurrelevante Thematik, die an unterschiedlichen Fehlerquellen und Fehlerfolgen kranken kann (Hierzu die Lerneinheit Fehlerquellen und Fehlerfolgen – Beschlussfähigkeit des Gemeinderats). 

Weiterhin gilt für sämtliche Mitglieder des Gemeinderats eine Teilnahmepflicht gem. Art. 48 GO, die nicht mit dem Sitzungszwang in Art. 47 GO zu verwechseln ist. Die Teilnahmepflicht ist der fortwährenden demokratischen Repräsentation des Gemeinderats geschuldet, die nur durch eine Organvollständigkeit gewährleistet werden kann. Art. 48 GO verleiht dem Gemeinderat als beschlussfähiges Organ daher Ordnungsmaßnahmen, die zunächst die Verhängung eines Ordnungsgeldes vorsieht und im Äußersten den Ausspruch des Amtsverlustes gestattet (Art. 48 Abs. 3 GO). 

Dem Demokratieprinzip schuldet die kommunale Selbstverwaltungstätigkeit ein hinreichendes Maß an transparenter Arbeitsweise, das sich weit überwiegend durch das Öffentlichkeitsgebot der Sitzungstätigkeit des Hauptverwaltungsorgans realisiert. Die Sitzungen des Gemeinderats sind daher grundsätzlich öffentlich, was eine rechtzeitige Unterrichtung der Gemeindebürger erfordert, um einer Aushöhlung des Öffentlichkeitsprinzips durch eine „Scheinöffentlichkeit“ mittels öffentlich zugänglichem „Geheimsitzen“ vorzubeugen. Hierzu muss eine Sitzung spätestens am dritten Tag vor dem Tag der Sitzung öffentlich bekannt gemacht werden. Die Form der Bekanntmachung entspricht dem Prinzip der Ortsüblichkeit, kann also grundsätzlich im Amtsblatt der Gemeinde, an öffentlich zugänglichen Anschlagtafeln oder vergleichbar erfolgen. Trotz Digitalisierung reicht eine ausschließlich elektronisch stattfindende Bekanntgabe, bspw. auf der Webseite der Gemeinde nicht aus, da damit nicht sichergestellt werden kann, dass der Großteil der Gemeindeöffentlichkeit zuverlässig erreicht wird. Hierunter ist auch die Beschaffenheit des Sitzungssaals der Gemeinde zu fassen gem. Art. 52 Abs. 4 GO. Insbesondere mit Blick auf Barrierefreiheit sind hier die erforderlichen räumlichen Gegebenheiten durch die Gemeinde zu schaffen, sodass eine Öffentlichkeitsteilnahme unter weitestgehend voraussehbaren Bedingungen stattfinden kann. Insbesondere ist der Ort einer Gemeinderatssitzung auch anhand des Interesses der Öffentlichkeit zu wählen und kann ggf. eine Ortswahl außerhalb eines „üblichen“ Sitzungssaales erfordern, sofern ein gesteigertes Interesse der Öffentlichkeit an der Sitzung besteht. In die generelle Wahl des Sitzungsortes sind auch wirtschaftliche Erwägungen mit einzubeziehen, insbesondere muss der Grundsatz der Sparsamkeit der Verwaltung beachtet werden.

Ein Ausschluss der Öffentlichkeit von der Beschlussfassung der Gemeinde ist immer dann zulässig, wenn Rücksichtnahme auf das Wohl der Allgemeinheit oder berechtige Ansprüche einzelner den Ausschluss rechtfertigen. Hierunter zu zählen sind insbesondere gewichtige Aspekte der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, soweit diese nicht aus Geheimhaltungsgründen sowieso dem ersten Bürgermeister ausschließlich unterstellt sind oder über Personalentscheidungen, die vom Gemeinderat als Organ getroffen werden. Hinsichtlich der Geheimhaltung gilt jedoch nicht das Prinzip der ewigen Geheimhaltung, vielmehr ist diese ablaufend bedingt an das Fortbestehen des Geheimhaltungsinteresses. Das bedeutet, dass nichtöffentlich gefasste Beschlüsse dann der Gemeinde öffentlich bekanntzugeben sind, wenn die die Geheimhaltung rechtfertigen Gründe wegfallen oder die Geheimhaltung aufgrund geänderter Tatsachen nicht mehr rechtfertigen.