Auslegungsverbot im PrALR
Aus dem preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794:
Einleitung § 6: „Auf Meinungen der Rechtslehrer, oder ältere Aussprüche der Richter, soll, bey künftigen Entscheidungen, keine Rücksicht genommen werden.“
Die §§ 45 ff. der Einleitung zum PrALR sind überschrieben: „Auslegung der Gesetze“ und enthalten sehr instruktive Richtlinien.
§ 45: „Bey Entscheidungen streitiger Rechtsfälle darf der Richter den Gesetzen keinen andern Sinn beylegen, als welcher aus den Worten, und dem Zusammenhang derselben, in Beziehung auf den streitigen Gegenstand, oder aus dem nächsten unzweifelhaften Grunde des Gesetzes, deutlich erhellet.“
§ 46: „Findet der Richter den eigentlichen Sinn des Gesetzes zweifelhaft, so muß er, ohne die prozeßführenden Parteien zu benennen, seine Zweifel der Gesetzcommißion anzeigen, und auf deren Beurtheilung antragen.“
§ 47: „Findet der Richter den eigentlichen Sinn des Gesetzes zweifelhaft, so muß er, ohne die prozeßführenden Parteien zu benennen, seine Zweifel der Gesetzcommißion anzeigen, und auf deren Beurtheilung antragen.“
§ 48: „Der anfragende Richter ist zwar schuldig, den Beschluß der Gesetzcommißion bey seinem folgenden Erkenntniß in dieser Sache zum Grunde zu legen; den Parteyen bleiben aber die gewöhnlichen Rechtsmittel dagegen unbenommen.“
§ 49: „Findet der Richter kein Gesetz, welches zur Entscheidung des streitigen Falles dienen könnte, so muß er zwar nach den in dem Gesetzbuche angenommenen allgemeinen Grundsätzen, und nach den wegen ähnlicher Fälle vorhandnen Verordnungen, seiner besten Einsicht gemäß, erkennen.“
§ 50: „Er muß aber zugleich diesen vermeintlichen Mangel der Gesetze dem Chef der Justitz so fort anzeigen.“