6. Untersuchungsinteressen der Textlinguistik (I)

Nun fehlt uns nur noch ein Puzzleteil der Definition von Krieg-Holz/Bülow und dann haben wir sie wieder vollständig zusammengesetzt:



„Die Textlinguistik ist eine sprachwissenschaftliche Disziplin, die sich mit den formalen und funktionalen Eigenschaften von schriftlichen Texten beschäftigt. Im Fokus stehen dabei die satzübergreifende Analyse sprachlicher Regularitäten und das Ziel, die konstitutiven Merkmale der sprachlichen Einheit ‚Text‘ zu bestimmen.“ (Krieg-Holz/Bülow 2016: 3)


Es ist ja teilweise schon angeklungen, doch wir wollen trotzdem nochmal einen kurzen Blick auf die Frage werfen, womit sich die Textlinguistik eigentlich konkret beschäftigt. Die Formulierung der oben genannten Definition ist ja recht allgemein gehalten: Die Textlinguistik beschäftigt sich „mit den formalen und funktionalen Eigenschaften von schriftlichen Texten.“ (Ebd.) Dahinter verbirgt sich laut Definition einerseits die Frage, was einen Text eigentlich ausmacht. Darüber haben wir eben bereits gesprochen. Außerdem geht es um die „Analyse sprachlicher Regularitäten“ (Ebd.).

Ulla Fix führt in dem Textausschnitt, den Sie vorhin gelesen haben, dieselbe Differenzierung an und wird dabei auch noch konkreter: Sie meint, die Textlinguistik frage „von Anfang an danach, was den Text eigentlich ausmacht. […] Zum anderen bemüht sie sich […] um das Erfassen der Typik von Texten, d. h. um die musterhaften Ausprägungen des Phänomens Text, die eine Sprach- und Kulturgemeinschaft im gemeinsamen Handeln entwickelt hat, also um die Bestimmung der Textsorten, in denen Texte realisiert werden.“ (2019: 19) Es geht der Textlinguistik demnach also nicht nur um eine möglichst umfassende Analyse und Beschreibung von Einzeltexten, sondern auch um eine Klassifizierung und Kategorisierung, also das Zusammenfassen von Texten zu größeren Gruppen – bspw. Textsorten.



Was bringt die Analyse von (Einzel-)Texten?

„Texte verstehen ist das grundlegende Ziel menschlicher Kommunikation“, so Heringer (2011: 7). Texte verstehen zu können sei damit der natürlichste Teil der Sprachkompetenz und im Alltag, in der Kommunikation mit anderen Menschen, unabdinglich. Texte analysieren hingegen ist die Aufgabe von Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftlern. Dazu müssen Theorien entwickelt, empirische Untersuchungen durchgeführt werden usw. Im Alltag werden solche Textanalysen an vielen Stellen relevant,

"besonders, wenn wir einen Text nicht sofort verstehen, wenn es Verständnisprobleme gibt oder wenn strittig ist, wie ein Text zu verstehen ist. Dann fangen wir an zu interpretieren und dazu brauchen wir die Analyse. Textanalyse ist also durchaus auch praktisch:

      • wenn zum Beispiel eine Sprachlehrerin eine Textproduktion ihrer Schüler bewerten soll, um die Fehler didaktisch zu nützen,
      • wenn ein Text kritisch zu betrachten und zu beurteilen ist,
      • wenn ein Text unter ästhetischen und stilistischen Kriterien gesehen werden soll,
      • wenn die Verständlichkeit eines Lehrtexts oder eines Gesetzestexts zur Debatte steht,
      • wenn die Autorschaft eines Textes ermittelt werden soll,
      • wenn vor Gericht Verbaldelikte verhandelt und argumentativ behandelt werden,
      • wenn Implizites explizit zu machen ist,
      • wenn Missverständnisse erkannt und geklärt werden sollen.

Im Grunde aber – so verstehen wir sie – soll Textanalyse immer dem besseren Verständnis des Textes dienen." (Heringer 2011: 7)

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