IV. Grundbegriffe
c) Vererblichkeit des postmortalen Persönlichkeitsrechts
Der BGH hat in der Folgezeit mehrmals zur Vererblichkeit des postmortalen Persönlichkeitsrechts Stellung genommen. Dessen ideelle Bestandteile seien „unauflöslich an die Person ihres Trägers gebunden“ und deshalb nicht vererblich (BGH ZEV 2000, 323). Mithin kann der Erbe weder einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des postmortalen allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Erblassers erlangen (BGH ZEV 2006, 270) noch ist ein solcher bereits zu Lebzeiten des Erblassers entstandener und ggf. anhängig oder rechtshängig gewordener Anspruch vererbbar (BGH ZEV 2014, 370; BGH FamRZ 2917, 1615). Es lasse sich weder ein Wille des Gesetzgebers ableiten, den Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vererblich auszugestalten, noch enthalte die Rechtsordnung einen allgemeinen Grundsatz der Vererblichkeit rechtshängig gemachter Ansprüche. Weiterhin führt der BGH aus, dass bei der Zuerkennung einer Geldentschädigung infolge einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung – anders als beim Schmerzensgeld – regelmäßig nicht der Präventionsgedanke, sondern vielmehr der Genugtuungsgedanke im Vordergrund steht. Demnach ändert auch die Anhängigkeit einer auf Geldentschädigung gerichteten Klage nichts daran, dass die von der Geldentschädigung bezweckte Genugtuung mit dem Tod des Verletzten an Bedeutung verliert (zur rechtspolitischen Brisanz der Thematik vgl. auch die Urteilsanmerkung von Ludyga, in: FamRZ 2017, 1618).
In einer aktuellen Entscheidung bestätigte das OLG Köln die bisherige restriktive Auffassung des BGH (vgl. BGH FamRZ 2014, 1192; BGH FamRZ 2017, 407; BGH FamRZ 2017, 1615), wonach ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts gemäß § 823 I i.V.m. Art. 2 I, 1 I GG nicht vererblich ist, selbst wenn der Geschädigte erst während des Rechtsstreits versterbe (OLG Köln FamRZ 2018, 1266–1274). Tragender Gesichtspunkt dieser Rechtsprechung ist, dass bei einem solchen Geldentschädigungsanspruch der Genugtuungsgedanke gegenüber dem Präventionsgedanken im Vordergrund stehe. Mit dem Tod des Verletzten verliere die bezweckte Genugtuung jedoch an Bedeutung. Vererblich sei die Rechtsposition erst mit rechtskräftiger Zuerkennung des Schadensersatzanspruchs. Nach Ansicht des Senats sei zudem auch keine Ausnahmefallgruppe vom Grundsatz der Nichtvererblichkeit eines Geldentschädigungsanspruchs einschlägig, wie etwa im Fall einer bewussten Prozessverzögerung.
Dieser engen Auffassung treten namhafte Stimmen aus dem Schrifttum mit gewichtigen systematischen und teleologischen Argumenten entgegen (so etwa Neuner in seiner Urteilsanmerkung in FamRZ 2018, 1273 f.). Zunächst sei aus Gründen der Gleichbehandlung die dogmatische Nähe zum vererbbaren Schmerzensgeldanspruch i.S.v. § 253 II zu berücksichtigen. Der Zweck einer Geldentschädigung liege vor allem in dem Ausgleich für die zugefügten (seelischen) Schmerzen sowie der Rückgängigmachung des erfahrenen Unrechts. Neuner schlägt weiterhin vor, im Falle des Versterbens des Anspruchsberechtigten zwei getrennte Schadensposten für den Ausgleich und die Genugtuung auszuweisen. Vererbbar wäre demnach nur der Anspruch in Höhe des Anteils für den Ausgleich, nicht aber jener Teil für die Genugtuung. Nur so könne ein „unwürdiger ‚Wettlauf mit dem Tod‘“ (Neuner, in: FamRZ 2018, 1273, 1274) verhindert werden.
Was dagegen die dem Schutz kommerzieller Interessen an der Persönlichkeit dienenden, vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts betrifft, sollen diese nach der Rechtsprechung des BGH vererblich und somit Teil des Nachlasses sein (BGH ZEV 2000, 323–326). Im Falle einer unerlaubten Verwertung vermögenswerter Persönlichkeitsmerkmale des Erblassers kommen folglich Schadensersatzansprüche der Erben in Betracht (kritisch sieht diese Differenzierung zwischen vermögenswerten und nicht vermögenswerten Bestandteilen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit beachtlichen Argumenten Hannes Ludyga, Entschädigung in Geld und postmortales Persönlichkeitsrecht, in: ZEV 2014, 333–338).
Beispiel:
Verwendung des Bildnisses, des Namens und des Namenszuges der Filmschauspielerin Marlene Dietrich nach deren Tod für Bewerbung eines KFZ-Modells, Kosmetikwerbung und Merchandising (BGH ZEV 2000, 323–326).
Daneben hat die Rechtsprechung verschiedene Grenzfälle geregelt.
So gilt die menschliche Leiche aus Gründen der Pietät nicht als auf die Erben übergegangen. Bei künstlichen Körperteilen und fest mit dem Körper verbundenen sowie eingesetzten Prothesen gilt dies ebenfalls mit der Maßgabe, dass den Erben ein Aneignungsrecht zusteht, das jedoch die vorherige Einwilligung des Verstorbenen voraussetzt.