1. Allgemeines

Um das Wesen des Erbrechts von Grund auf zu verstehen, erweist sich ein Blick auf die Geschichte dieses Rechtsgebiets als hilfreich. 

Die Prüfungspraxis sowohl im schriftlichen als auch im mündlichen Teil zeigt, dass Fragen nach dem rechtshistorischen Hintergrund erbrechtlicher Institute und Funktionsweisen in der ersten juristischen Prüfung nicht zu vernachlässigen sind. Nicht erst seit dem Beschluss des bayerischen Prüfungsausschusses für die Erste Juristische Staatsprüfung zur Bedeutung von Grundlagenelementen in der Ersten Juristischen Staatsprüfung vom 31. August 2009 , der die Bedeutung rechtshistorischer sowie philosophischer Grundlagen noch einmal besonders hervorhebt, gelten entsprechende Zusatzfragen als beliebt. Daher lohnt sich an dieser Stelle ein kurzer Blick in die Vergangenheit.

Die grundlegenden Problematiken des Erbrechts haben sich im Laufe von Jahrhunderten und darüber hinaus kaum verändert: Auf die zentrale Frage, was mit den Gütern einer Person geschehen soll, wenn diese verstirbt, musste nicht erst in der klassischen römischen Zeit oder im Mittelalter eine Antwort gefunden werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass man sich dieser Fragestellung anzunehmen hatte, sobald der Mensch zwischen „DEIN“ und „MEIN“ unterschied, sobald also eine feste Zuordnung von bestimmten Gütern zu einzelnen oder mehreren Personen erfolgte.

Um das heute geltende fünfte Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Kontext seiner Entstehung zu erfassen, empfiehlt es sich, im römischen Recht anzusetzen und über die Veränderungen, die die Rezeption mit sich gebracht hat, schließlich zu den neuzeitlichen Entwicklungen zu kommen, die in den Kommissionen „für den Entwurf eines einheitlichen Bürgerlichen Gesetzbuchs“ am Ende des 19. Jahrhunderts ihren Höhepunkt fanden. Im Folgenden sollen die prägenden Charakteristika der genannten Rechtsmaterien näher erläutert werden.