§ 1 - Das öffentliche Baurecht als Rechtsgebiet
A. Die Unterscheidung von privatem und öffentlichem Baurecht
I. Der Begriff des Baurechts
Die unterschiedlichen privaten und öffentlichen Anforderungen an den Raum sowie dessen Nutzung erfordern es, eine rechtliche Ordnung der Bodennutzung zu etablieren. Dieses Rechtssystem wird von all jenen Rechtsregeln gebildet, welche sich auf die Bebauung und Nutzung des Raums und Bodens beziehen und die die dabei auftretenden konfligierenden Interessen zum Ausgleich bringen sollen. Dieses als Baurecht zu klassifizierende System steht dabei im grundgesetzlich implizierten Spannungsverhältnis zwischen der Garantie der Eigentums- und damit auch der Baufreiheit und der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 GG.[1]
Derartige baurechtliche Regelungen finden sich dabei an verschiedensten Stellen in unserer Rechtsordnung, sowohl innerhalb des Privatrechts als auch des öffentlichen Rechts.
II. Privates Baurecht
Das Privatrecht regelt und gestaltet die Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern untereinander. Es dient damit grundsätzlich nur den jeweiligen Individualinteressen. Solche Individualinteressen an der Bodennutzung finden sich dabei etwa verwirklicht in den Bestimmungen über das private Nachbarverhältnis, wie es in den §§ 903 ff. BGB zum Ausdruck kommt oder im Bauvertragsrecht als Unterfall des Werkvertragsrecht nach den §§ 631 ff. BGB.[2]
Unter privatem Baurecht sind damit alle Regeln zu verstehen, die die gegenseitigen Rechte und Pflichten von Grundstückseigentümern untereinander bzw. vertragliche Beziehungen im Rahmen eines Bauprojektes betreffen.
Das private Baurecht bildet eine eigenständige Rechtsmaterie hinsichtlich der Rechtsbeziehungen der an der Bebauung und Nutzung von Grundstücken Beteiligten und soll insoweit nicht Gegenstand dieser Veranstaltung sein.
Privates und öffentliches Baurecht stehen sich dabei nicht in einem Ausschließlichkeitsverhältnis gegenüber, sondern regulieren gleichartige Rechtsfragen parallel nebeneinander von unterschiedlichen Ansatzpunkten aus. Dies hat etwa zur Konsequenz, dass sich ein durch eine bestimmte Grundstücksnutzung gestört fühlender Nachbar sowohl zivilrechtlich als auch öffentlich-rechtlich gegen die jeweilige Störung zur Wehr setzen kann.[3] Ihm steht damit ein Wahlrecht zur Hand.