5. Anhang: Die Evaluation des eigenen Unterrichts

5.3 Führen eines Rückmeldegesprächs

Wird im Rahmen der Evaluation auch die konkrete Arbeit einer Lehrkraft beurteilt (z.B. kollegiale Supervision, Unterrichtsbesuch oder Befragung der Klasse durch ein Evaluationsteam), dann sollten die Ergebnisse der betroffenen Person rückgemeldet werden8.

Diese Rückmeldung folgt inhaltlich einer ähnlichen Struktur wie der im vorherigen Unterkapitel beschriebene Evaluationsbericht. Zusätzlich muss im Rückmeldegespräch jedoch auch die soziale Situation gestaltet werden. Zwei Ziele werden mit einem Rückmeldegespräch verfolgt. Zum einen sollte der Gesprächspartner die Rückmeldung voll und ganz verstanden haben, zum anderen sollte die Rückmeldung so formuliert sein, dass sie vom Empfänger auch akzeptiert werden kann. Dazu ist natürlich eine Grundbereitschaft des Empfängers nötig. Rückmeldungen so aufzunehmen, dass sie gewinnbringend verwendet werden können, bedarf nicht nur der Bereitschaft, kritische Aspekte des eigenen Verhaltens wahrzunehmen. Es darf auch nicht zu der häufig schon reflexartig einsetzenden Rechtfertigung und Verteidigung des eigenen Verhaltens kommen. Eine Rückmeldung ist ein Fremdbild, das genauso richtig ist wie das Selbstbild. Unterschiedlich ist die Perspektive. Bei Differenzen zwischen Selbst- und Fremdbild geht es nicht darum, eines der beiden Bilder zu bestätigen und das andere zu verwerfen, sondern darum, die Hintergründe für den Unterschied zu erklären.

Förderlich für die Akzeptanz einer Rückmeldung sind folgende Aspekte:

  • Eine persönliche Rückmeldung bezieht sich auf gezeigtes Verhalten, nicht auf die Person und vermeidet weitgehend Interpretationen (Nicht „Sie sind ungeduldig“, sondern „Sie unterbrechen das Klassengespräch schnell/nach 30 Sekunden/häufig“)
  • Die Rückmeldung sollte positive wie negative Aspekte beinhalten. Kritik ist dabei nur mit einer Perspektive zur Veränderung sinnvoll.
  • Der Empfänger einer Rückmeldung sollte Gelegenheit bekommen, den Fremdeindruck zu kommentieren. Es geht aber weder um eine Verteidigung bzw. Rechtfertigung der eigenen Arbeitsweise, noch sollte das Evaluationsteam seine Sichtweise als objektive Wahrheit darstellen. Abweichungen zwischen Fremdbild und Selbstbild sind bei Rückmeldungen häufig und sollten bestenfalls Anlass zur Reflexion bieten.

Vorbereitung des Gesprächs

  • Mit dem Empfänger der Rückmeldung sollte rechtzeitig ein Termin vereinbart werden.
  • Die Rückmeldung ist dann für den Empfänger gewinnbringender, wenn dieser eigene Fragen an das Evaluationsteam vorbereitet. Dies sollte in der Gesprächseinladung angeregt werden.

Möglicher Ablauf des Gesprächs

  • Aufwärmphase: Ein Rückmeldegespräch sollte nicht sofort mit den Ergebnissen begonnen werden. Stattdessen ist eine kurze Aufwärmphase sinnvoll, an deren Ende der Inhalt des Gesprächs skizziert wird.
  • Anschließend sollte die Evaluation nochmals erläutert werden (Ziele, Methoden, Beteiligte, Bewertungskriterien).
  • Jetzt können die eigentlichen Ergebnisse angesprochen werden. Dabei sollten sowohl Stärken als auch Schwächen offen genannt und mit Verhaltensbeispielen unterlegt werden. Die Struktur der Ergebnisrückmeldung sollte an der Anzahl der Einzelergebnisse orientiert sein. Zwei Vorgehensweisen sind dabei weniger geeignet:
    • Regelmäßiges Abwechseln (ein positives, ein negatives Ergebnis) wirkt ermüdend und lässt den Zusammenhang vermissen.
    • Start mit den negativen Ergebnissen wirkt wenig motivierend.
  • Gute Erfahrungen bestehen für den Fall, dass die positiven Ergebnisse am Anfang und Ende der Rückmeldung genannt werden, die kritischen Aspekte in der Mitte.
  • Schwächen sollten mit konstruktiven Hinweisen bzw. Entwicklungsmöglichkeiten verknüpft werden.
  • Bitten Sie um die Sichtweise des Empfängers der Rückmeldung. Dies ist ein sinnvoller Schritt, um für den Empfänger den Vergleich zwischen Selbst- und Fremdbild zu erleichtern.

8 Eigentlich ist die konkrete Rückmeldung an die entsprechende Person eine notwendige Bedingung für eine faire Evaluation. Es gibt jedoch Situationen, in denen die Ergebnisse nicht auf individueller Ebene, sondern aggregiert für die ganze Schule oder eine größere Einheit betrachtet werden, so dass die individuelle Perspektive nicht aus dem Datensatz extrahiert werden kann.