1. Einleitung

Evaluation ist im alltäglichen Leben ein selbstverständlicher Vorgang, der immer dann zur Anwendung kommt, wenn ein zielbezogenes Handeln überprüft, angepasst und gesteuert werden soll. Wie kompliziert und aufwendig diese Überprüfung dann ausfällt, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Der Koch, der die Suppe abschmeckt, ein Bauleiter, der eine Mauer nachmisst oder eine Lehrerin, die nach einer Lehreinheit überprüft, welche Inhalte die Schülerinnen und Schüler verstanden haben, führen eine Evaluation durch.

Sinnvoll wird eine Evaluation allerdings erst dann, wenn aus ihr Konsequenzen abgeleitet werden. Bleibt sie ohne Folgen, dann war die Evaluation den Aufwand nicht wert. Evaluation ist also ein Grundelement der Qualitätsentwicklung und kann ihre Wirkung nur in diesem Kontext entfalten. Evaluation zeichnet sich also gegenüber anderer wissenschaftlicher Forschung durch eine klare Ziel- und Zweckorientierung aus.

In ihrer grundlegenden Arbeit sieht Weiss (1972) den Zweck und Nutzen der Anwendung von sozialwissenschaftlichem Wissen und den entsprechenden Methoden im Rahmen einer Evaluation in:

„(...) improve decision making, lead to the planning of better programs, and so serve program participants in more relevant, more beneficial and more efficient ways.“ (Weiss, 1972, S. 3).

Das Augenmerk der Evaluation liegt hier also vor allem auf der Nützlichkeit der gewonnenen Information. Der Ansatz der „Utilization-Focused Evaluation“ (Patton, 1997) führt diesen Gedanken weiter aus und stellt ebenfalls die Verwertung und Verwertbarkeit der Evaluation als zentrales Merkmal heraus.

Nimmt man diesen Gedanken des Nutzens der Evaluation als zentrale Eigenschaft auf, dann verschiebt sich die Perspektive vom Evaluierenden hin zum Empfänger oder Nutzer der Evaluation. Je nach Adressat1 können dabei unterschiedliche Anforderungen und Nutzen-erwartungen an die Evaluation gestellt werden. So könnte z.B. die Leitung eines Schul-entwicklungsprojekts zur Verbesserung des Mathematikunterrichts an Aussagen zur aktuellen Akzeptanz bei den angesprochenen Zielgruppen (Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Eltern etc.) interessiert sein, während gleichzeitig im Ministerium Belege für die Wirksamkeit im Sinne einer besseren Mathematikleistung der Projektschulen gesucht werden.

Der Nutzen einer Evaluation zeigt sich also erst durch die Umsetzung der Erkenntnisse. Vorher ist es aber nötig, Grundprinzipien von Evaluation zu kennen und zu verstehen. Zu diesen Grundprinzipien gehören beispielsweise

  • Grundfunktionen von Evaluation – oder die Frage „Wozu soll evaluiert werden?“
  • Evaluationsstandards – oder die Frage „Nach welchen Regeln soll evaluiert werden?“
  • sowie ein typischer Evaluationsprozess, als Antwort auf die Frage „Wie soll evaluiert werden?“

Um noch einmal zu den eingangs vorgestellten Beispielen zurückzukommen: Dieser Text kann nicht für alle spezifischen Fragestellungen einer Evaluation maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Er soll jedoch die Grundlagen vermitteln, um eine Evaluation im Schulkontext entwickeln, durchführen und interpretieren zu können. Naturgemäß bleiben dabei viele Details unberücksichtigt. Bei Interesse können aber weiterführende Informationen – vor allem zu Evaluationstheorien – anhand der ausführlichen kommentierten Literaturliste am Ende des Textes bezogen werden.

Schließlich ist Evaluation nicht das primäre Ziel einer Schule, sondern nur eine notwendige Voraussetzung, um schulisches Leben und Arbeiten weiterzuentwickeln.

1 Im Englischen wird die Vokabel "Stakeholder" zur Beschreibung der gesamten Adressatengruppe genutzt. Die oft gebrauchte Übersetzung "Beteiligte und Betroffene" trifft den Bedeutungskern – in etwa "am Geschäft/Projekt Interessierte" nur bedingt. Im vor-liegenden Text werden die Vokabeln Adressaten oder Zielgruppe im Sinne von "Stakeholder" synonym verwendet.