1. Grundlagen der Motivation

1.3 Das Rubikon-Modell der Handlungsphasen

Ein zentrales Modell der Motivation ist das "Rubikon"-Modell der Handlungsphasen von Heckhausen (1987), das in Abbildung 9.1 dargestellt ist (Überblick bei Achtziger & Gollwitzer, 2006). Der Name "Rubikon-Modell" bezieht sich auf die historische Überschreitung des Flusses Rubikon durch Julius Cäsar, nach dem der unwiderrufliche Ausbruch des römischen Bürgerkriegs folgte. Das Modell spezifiziert vier Phasen im Handlungsprozess. Es betrachtet menschliches Handeln unter einer chronologischen Perspektive.

Abbildung 9.1: "Rubikon"-Modell der Handlungsphasen mit der Unterscheidung zwischen volitionalen und motivationalen Phasen (modifiziert nach Heckhausen, 1987)

In der Abwägephase (prädezisonale Phase) werden einerseits individuelle Bewertungen darüber gebildet, wie bedeutsam das Erreichen von etwas Erwünschtem (bzw. das Vermeiden von etwas Unerwünschtem) ist (Wertkomponente), andererseits werden Erwartungen darüber geformt, ob das Gewünschte herbeigeführt (bzw. das Befürchtete oder Unerwünschte vermieden) werden kann (Erwartungskomponente). Eine Intention wird gebildet, wenn aus dem Abwägen der beiden Komponenten eine hinreichend positive Bilanz resultiert.

In der Planungsphase (präaktionale Phase) steht die Realisierung des gesetzten Handlungs-ziels im Fokus. Sie besteht aus der Planung der Handlungsdurchführung, dem Herbeiführen oder Abwarten einer günstigen Gelegenheit zur Handlungsinitiierung sowie der Abschirmung gegenüber anderen konkurrierenden Zielen.

In der Handlungsphase (aktionale Phase) kommt es dann zur eigentlichen Handlungs-initiierung. Zentrale Kontrollprozesse sind die Regulation von Anstrengung und Ausdauer sowie die Abwehr störender Einflüsse. Wenn es nicht zu einem Handlungsabbruch kommt (oder einem Wechsel zu einer alternativen Handlung), wird zu einem bestimmten Zeitpunkt der angestrebte Zielzustand erreicht, was den Abschluss der Handlungsausführung darstellt.

In der Bewertungsphase (postaktionale Phase) werden Handlungsverlauf und Handlungs-ergebnisse evaluiert. Dazu zählt in besonderem Maße die Analyse der Ursachen für Erfolg und Misserfolg (mehr dazu im Kapitel 4). Am Ende dieser Phase stehen Schlussfolgerungen für zukünftiges Handeln.

Heckhausen unterscheidet in seinem Modell die Motivation von der Volition1. Die Volition bezieht sich auf die gewollte Umsetzung einer Intention in eine Handlung. Die Volitionsphase umfasst also Handlungsinitiierung (Planen) und -ausführung (Handeln). Der Übergang zwischen Motivation und Volition liegt beim Überschreiten des Rubikons (s. Abb. 9.1).


Übung 2


Stellen Sie sich einen Schüler vor, der seine Hausaufgaben erledigen soll. Überlegen Sie, wie ein solcher Prozess anhand des "Rubikon"-Modells der Handlungsphasen ablaufen könnte.


 


 

1 Diese Unterscheidung ist hier relevant, da in dieser Lehreinheit nur näher auf die motivationalen Phasen eingegangen wird, nicht aber auf diejenigen der Volition.