Lern- und Leistungsmotivation I: Grundlagen und Komponenten
3. Aktuelle Motivation
3.3 Wertkomponente
Für den Begriff "Wert" werden auch die Begriffe "Anreiz" und "Valenz" synonym verwendet. Eine bedeutsame Unterscheidung der Wertkomponente der Motivation ist jene zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation.
Definition |
Intrinsische Motivation ist dadurch gekennzeichnet, dass der Wert, eine Handlung auszuführen, in der Tätigkeit selbst liegt. Entweder weil die Tätigkeit als solche positiv erlebt wird (tätigkeitsspezifische Anreize) oder weil das Thema als interessant erlebt wird (Interesse). Extrinsische Motivation ist dadurch gekennzeichnet, dass der Wert nicht in der Handlung selbst liegt, sondern sich aus den Folgen der Handlung ergibt. |
Deci und Ryan (1985, 1993) nehmen in ihrer Selbstbestimmungstheorie der Motivation eine noch feinere Differenzierung vor, indem sie verschiedene Formen extrinsischer Motivation postulieren, die mehr oder weniger innerhalb der handelnden Person liegen (s. Tab. 9.3).
Tabelle 9.3: Differenzierung der extrinsischen Motivation nach Deci und Ryan (1985, 1993) |
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Art der Motivation |
Beschreibung |
Selbstbestimmt-extrinsische Motivation |
Der Wert liegt zwar außerhalb der Handlung, aber überwiegend innerhalb der handelnden Person. |
Fremdbestimmt-extrinsische Motivation |
Der Wert der Handlung ergibt sich aus der fremdgesteuerten Belohnungs- und Sanktionierungsstruktur. |
Bei der intrinsischen Motivation, die bei Eccles (1983) intrinsischer Wert genannt wird, liegt der Wert innerhalb der Handlung selbst. Dabei handeln Personen autonom und unabhängig von Verstärkung und Sanktionierung von außen (z. B. Spaß am Tüfteln an Matheaufgaben oder Interesse an den Sonetten Shakespeares). Intrinsische Motivation hat durchwegs positive Auswirkungen auf Schüler, beispielsweise hinsichtlich der Selbstregulation des Lernens und der Leistungsgüte. Im Schulkontext häufiger vorzufinden ist hingegen die extrinsische Motivation, welche sich weit komplexer hinsichtlich ihrer Auswirkungen zeigt. Deci und Ryan (1985) klassifizieren verschiedene Subtypen der extrinsischen Motivation danach, wie stark diese mit persönlichen Wert- und Zielsetzungen der handelnden Person einhergehen. Werden Handlungsfolgen als persönlich bedeutsam bewertet, so fallen sie in die Kategorie der selbstbestimmt-extrinsischen Motivation.
Wenn der Wert von Handlungen aus externalen Belohnungen, Sanktionen, Regeln oder Normen resultiert (z. B. wenn ein Schüler Mathe lernt, um Bestrafung zu entgehen), dann überwiegt die Fremdbestimmung. Eine weiterführende Ausdifferenzierung der verschiedenen Motivationsformen nach Ryan und Deci (2000) findet sich in der Abbildung 9.9.
Abbildung 9.9: Selbstbestimmungskontinuum von handlungsbezogenen Werten (vereinfacht nach Ryan & Deci, 2000)
Fremdbestimmt-extrinsische Motivation kann kurzfristig lern- und leistungsförderliche Effekte haben. Langfristig ergeben sich jedoch eher negative Effekte auf die Lernprozesse von Schülern, z. B. hinsichtlich des Einsatzes von Lernstrategien (vgl. Ryan & Deci, 2000). Selbstbestimmt-extrinsische Motivationsformen können dagegen ähnlich positive Effekte wie die intrinsische Motivation aufweisen.
Übung 6
1. Denken Sie an eine Tätigkeit, die sie regelmäßig und häufig ausführen. Wenn Sie diese Tätigkeit ausführen, warum tun Sie das dann? Reflektieren Sie über Ihre Handlungsgründe. Finden Sie heraus, von welchen verschiedenen Formen der intrinsischen und extrinsischen Motivation Ihr Handeln abhängt.
2. Auf Basis Ihrer Ergebnisse aus Übung 1: Überlegen Sie sich, was Schüler motiviert und welche Möglichkeiten Sie haben, diese Motivation zu verändern. Versuchen Sie dabei möglichst konkret zu werden.
Eine einfache Dichotomie von intrinsischer und extrinsischer Motivation ist konzeptuell nicht ausreichend, da sich beide nicht gegenseitig ausschließen. Daher ist eine differenziertere Betrachtung der extrinsischen Motivation nach dem Grad der Selbstbestimmung erforderlich, um die Auswirkungen des Werts verschiedener Handlungsfolgen angemessen erklären zu können.