Grundlagen der anwendungsbezogenen Hochschulmathematik
3. Funktionen I
3.6. Trigonometrische Funktionen

Allgemeine Grundlagen zu trigonometrischen Funktionen
Dieses Kapitel führt kurz die grundlegenden trigonometrischen Funktionen sowie deren Eigenschaften ein. Der Sinus, Cosinus und Tangens sind aus der Schule v.a. zur Berechnung von Längenverhältnissen bekannt, können aber auch als Funktionen aufgefasst werden. In untenstehendem Applet kann der Zusammenhang für Sinus/Kosinus zwischen der Anwendung in der Geometrie und als Funktion untersucht werden.
Umrechnung:
\(90°=\frac{\pi}{2}\)
\(180°=\pi \)
\(360°=2\pi\)

Sinusfunktion
Definition Sinus:
Die Funktion \( sin : \mathbb{R} \rightarrow [-1,1], x \mapsto sin(x) \) heißt Sinusfunktion. Ihr Definitionsbereich ist \( \mathbb{R} \) und ihr Wertebereich \( [-1,1] \).Eine Möglichkeit sie zu definieren, ist als Potenzreihe:
\[ sin(x):= \sum_{k=0}^\infty (-1)^k \frac{x^{2k+1}}{k!} \]
Sie ist eine periodische Funktion mit Periode \( 2\pi \), d.h. es gilt \( sin(x)=sin(x+2\pi) \) für alle \( x \in \mathbb{R} \). Graphisch heißt das, dass sich der Graph nach \( 2\pi \) stets wiederholt. Dies kann man auch an der Betrachtung am Einheitskreis erkennen, da sich nach exakt einer Umdrehung (also nach \(2\pi\)) das Schaubild nicht geändert hat.
Wie man in obigem Applet erkennen kann, besitzt sie bei \( 0 \) und \( \pi \) jeweils eine Nullstelle. Aufgrund der Periodizität hat die Sinusfunktion unendlich viele Nullstellen, die jeweils bei ganzzahligen Vielfachen von \( \pi \) liegen. D.h. es gilt \( sin(x)=0 \Leftrightarrow x=k \cdot \pi \) mit \( k \in \mathbb{Z}\).
Es gilt \( -sin(x)=sin(-x) \), d.h. der Sinus ist Punktsymmetrisch zum Ursprung. Erläuterbar ist das z.B. anhand der Potenzreihe, da hier nur ungerade Exponenten auftauchen. Setzt man nun \( -x \) in \( sin \) bzw. die Potenzreihe ein, so kann man ein \( -1 \) ausklammern und erhält \( - sin(x)=sin(-x) \).
Aufgabe:
Im Folgenden wollen wir die Abhängigkeit der allgemeinen Sinusfunktion \( a \cdot sin(bx+c) + d \) von ihren Paramtern \( a,b,c,d \in \mathbb{R} \) näher untersuchen. Dazu dient nachfolgendes Applet zum Ausprobieren.
Erläutern Sie die Auswirkungen jedes Parameters unter Benutzung der Begriffe Stauchung, Streckung und Verschiebung. Durch welchen Parameter kann man die Periodizität darstellen?
Hinweis: Der besseren Übersicht halber wurde der Paramter \( c \) durch \( p \cdot \pi \) ersetzt.

Kosinusfunktion
Definition Kosinus:
Die Funktion \( cos : \mathbb{R} \rightarrow [-1,1], x \mapsto cos(x) \) heißt Kosinusfunktion. Ihr Definitionsbereich ist \( \mathbb{R} \) und ihr Wertebereich \( [-1,1] \).Eine Möglichkeit sie zu definieren, ist als Potenzreihe:
\[ cos(x):= \sum_{k=0}^\infty (-1)^k \frac{x^{2k}}{k!} \]
Aufgabe:
Im Folgenden wollen wir die Abhängigkeit der allgemeinen Kosinusfunktion \( a \cdot cos(bx+c) + d \) von ihren Paramtern \( a,b,c,d \in \mathbb{R} \) näher untersuchen sowie den Zusammenhang zur Sinusfunktion. Dazu dient nachfolgendes Applet zum Ausprobieren.
Erläutern Sie die Auswirkungen jedes Parameters unter Benutzung der Begriffe Stauchung, Streckung und Verschiebung. Durch welchen Parameter kann man die Periodizität darstellen?
Welche(n) Paramter muss man um wie viel verschieben, sodass der Kosinus mit der Funktion \( x \mapsto sin(x) \) übereinstimmt? Ist die Lösung eindeutig oder gibt es mehrere Möglichkeiten?
Hinweis: Der besseren Übersicht halber wurde der Paramter \( c \) durch \( p \cdot \pi \) ersetzt.

Tangensfunktion
Wir wollen nun die Eigenschaften und das Aussehen der Tangensfunktion mithilfe unseres bisherigen Wissens herleiten. Dazu beachten wir, dass
\[ tan (x) = \frac{sin(x)}{cos(x)} \]
gilt.
Der Sinus hat für ganzzahlige Vielfache von \( \pi \) Nullstellen und der Kosinus ist für diese Werte ungleich \( 0 \). Damit hat der Tangens genau dann Nullstelen, wenn \( x \) ein ganzzahliges Vielfaches von \( \pi \) ist - analog zum Sinus.
Wir haben aber auch gesehen, dass der Kosinus für \( x = \frac{2k+1}{2} \cdot \pi \) mit \( k \in \mathbb{Z} \) Nullstellen besitzt. Da man nicht durch \( 0 \) teilen kann, ist der Tangens hier nicht definiert. Die Frage ist nun, wie sich der Graph in der Umgebung einer solchen Definitionslücke verhält. Wir wollen das exemplarisch für \( \frac{\pi}{2} \) erörtern:
Zunächst betrachten wir das Verhalten des Graphen links von \( x = \frac{\pi}{2} \), indem wir Werte betrachten, die minimal kleiner sind als \( x \). Wir wählen also ein "sehr kleines" \( \epsilon > 0 \) und betrachten \( x- \epsilon \). Aus den Graphen von Sinus und Cosinus kann man dann ablesen, dass \( sin(x-\epsilon) \) nahe \( +1 \) ist und \( cos(x-\epsilon) \) nahe \( 0 \), aber positiv. Betrachten wir nun \( tan(x-\epsilon) \) so muss dieser Wert dann gegen \( + \infty \) streben. Analog kann man eine Betrachtung rechts von \( x = \frac{\pi}{2} \) durchführen, indem man \(x + \epsilon \) einsetzt. Wiederum ist \( sin(x+\epsilon) \) nahe \( +1 \) und \( cos(x+\epsilon) \) nahe \( 0\), aber diesmal negativ. Damit strebt der Tangens von \( x+\epsilon \) für kleine Epsilon diesmal gegen \( - \infty \).
Diese Überlegung kan man nun für jede Definitionslücke durchführen. Man kann sich aber einiges an Arbeit ersparen, indem man den Tangens hinsichtlich Symmetrie untersucht. Dazu setzten wir \( -x \) ein:
\( tan (-x)= \frac{sin(-x)}{cos(-x)}=\frac{-sin(x)}{cos(x)}=- \frac{sin(x)}{cos(x)}=- tan(x) \)
Damit ist der Tangens also punktsymmetrisch und wir können z.B. aussagen, dass deshalb der Graph rechts von \( x = - \frac{\pi}{2} \) gegen \( - \infty \) strebt. Unten ist zur Veranschaulichung der Graph der Tangensfunktion dargestellt. In diesem kann man gut erkennen, dass der Tangens auch periodisch ist mit Periode \( \pi \)

Arkusfunktionen
Zuletzt wollen wir die Umkehrfunktionen von Sinus, Kosinus und Tangens betrachten. Diese Tragen jeweils das Präfix arc-, das ein Kürzel für Arkus darstellt. Sie heißen also Arcsin, Arccos und Arctan. Auf einigen Taschenrechnern findet man alternativ auch z.B. das Symbol \( sin^{-1} \); dies ist mathematisch aber eigentlich falsch, da es sich dabei um den Kehrwert \( \frac{1}{sin} \) handelt.
In geometrischer Hinsicht setzt man bei trigonometrischen Funktionen einen Wert eines Winkels ein und erhält eine reelle Zahl und setzt umgekehrt bei Arkusfunktionen eine reelle Zahl ein und erhält einen Wert eines Winkels, wobei die reelle Zahl aus dem Wertebereich der zugehörigen trigonomerischen Funktion stammt.
Dazu ein Beipiel: Gesucht ist der Winkel \( \alpha \) für den \( sin(\alpha) = 0,5 \) gilt, also der Wert \( arcsin(0,5)\). Ablesen aus dem Graphen des Sinus liefert (nahe der \(y\)-Achse) den Wert \( 30° \) bzw. umgerechnet \( \frac16 \pi \). Allerdings kann man auch \( sin(\frac56 \pi)=0,5 \) ablesen. Und aufgrund der Periodizität sind auch \( \frac16 \pi + 2k\pi \) sowie \( \frac56 \pi +2k\pi \) mit \(k \in \mathbb{Z} \) Lösungen. Damit wäre aber \( arcsin(0,5) \) nicht eindeutig definiert, im Widerspruch dazu, dass \( arcsin \) eine Funktion sein soll. Aus diesem Grund schränkt man zur Definition das Intervall des Bildbreichs der Arkusfunktionen ein.
Definition Arkusfunktionen:
Die Funktion \( arcsin : [-1,1] \rightarrow [-\frac{\pi}{2},\frac{\pi}{2}], x \mapsto arcsin(x) \) heißt Arkussinusfunktion.Die Funktion \( arccos : [-1,1] \rightarrow [0, \pi ], x \mapsto arccos(x) \) heißt Arkuscosinusfunktion.
Die Funktion \( arctan : \mathbb{R} \rightarrow (-\frac{\pi}{2},\frac{\pi}{2}), x \mapsto arctan(x) \) heißt Arkustangensfunktion.
Beachte, dass beim Arkussinus und Arkuskosinus die Intervallgrenzen des Bildbereichs auch erreicht werden können (z.B. ist \( arccos(1)=0 \)), wohingegen die Grenzen \(-\frac{\pi}{2} \) und \( \frac{\pi}{2} \) beim Arkustangens nie erreicht werden können, da der Tangens hier Definitionslücken besitzt.
Außerdem besitzt die Tangensgleichung \( tan(x)=a \) Lösungen für alle reellen Werte von \( a \), wohingegen die Gleichungen \( sin(x)=a \) und \( cos(x)=a \) keine Lösungen besitzen, wenn \( a \) nicht im Intervall \( [-1,1] \) liegt.
Zur Veranschaulichung sind hier auch die Graphen der drei Funktionen dargestellt. Auffällig ist, dass die Funktionen ihre Symmterie behalten haben. So ist der Arkuskosinus achsensymmetrisch zur \(y\)-Achse und der Arkussinus sowie Arkustangens punktsymmetrisch zum Ursprung.
