1. Zahlen und Terme

1.2. Komplexe Zahlen

Komplexe Zahlen
Betrachten wir die Gleichung \( x²+1=0 \) in \( \mathbb{R} \), so löst kein \( x \in \mathbb{R} \) die Gleichung. Wir erweitern deshalb \( \mathbb{R} \) zu den komplexen Zahlen \( \mathbb{C} \).

Die Menge der komplexen Zahlen, oft bezeichnet mit \( \mathbb{C} \), ist definiert als ein Tupel \( z=(x,y) \), wobei \( x,y \in \mathbb{R} \), mit den mathematischen Operationen Addition (Summe) und Multiplikation (Produkt) definiert ist als:\[ (\textrm{Summe}) \qquad z_1+z_2 = (x_1,y_1)+(x_2,y_2) = (x_1+x_2 \, , \, y_1+y_2) \] \[ (\textrm{Produkt}) \qquad z_1z_2 = (x_1,y_1)(x_2,y_2) = (x_1x_2-y_1y_2 \, , \, x_1y_2+x_2y_1) \]

Geometrisch können die komplexen Zahlen als Punkte oder Vektoren einer zweidimensionalen Ebene (komplexe Ebene) verstanden werden, wobei die horizontale Achse die reelle Achse und die vertikale Achse die imaginäre Achse ist.

Für eine komplexe Zahl \( z=(x,y)\), \(x\) ist der Realteil und \(y\) der Imaginärteil. Sie werden als \( \textrm{Re }z \) und \( \textrm{Im }z \) bezeichnet. Wenn \( \textrm{Re }z =0 \), dann ist \( z \) rein imaginär, und wenn \( \textrm{Im }z =0 \), dann ist \( z \) reell.

Die Menge der komplexen Zahlen ist eine natürliche Erweiterung der Menge der reellen Zahlen: wenn die reelle Zahl \( x \) mit \( (x,0) \) bezeichnet wird (eine komplexen Zahl, deren Imaginärteil Null ist), erscheinen die Summe und das Produkt wie oben definiert gleich der Summe und dem Produkt zweier reeller Zahlen zu sein. Ähnlich zu den reellen Zahlen sind Subtraktion und Division komplexer Zahlen als inverse Operationen der Addition und Multiplikation definiert. Die Summe und das Produkt zwischen den komplexen Zahlen haben die üblichen Eigenschaften, die bereits von den reellen Zahlen bekannt sind wie Kommutativität, Assoziativität und Distributivität. Man rechnet leicht nach, dass dies weiterhin gilt

Rein imaginäre Zahlen \( (0,1) \) werden mit \( i \) bezeichnet (imaginäre Einheit). Mit dieser Notation kann eine komplexe Zahl \( z=(x,y) \) geschrieben werden als

\[ z=x+iy \]

welches die übliche Notation ist und umgänglicher beim Rechnen ist als die Notation mit \( (x,y) \) .

Mit Anwendung der Definition des Produkts ist es leicht zu sehen, dass die Gleichung \[ i^2 = -1 \] valide ist. Dies wird oft als die wichtigste Gleichung in der komplexen Analysis angesehen.

Beachte: Basierend auf der ersten Gleichung ist die Wurzel einer negativen Zahl manchmal als \( \sqrt{-1}=i \) und \( \sqrt{-a} = i\sqrt{a} \) definiert, aber diese Gleichungen können nicht im Allgemeinen als Definitionen betrachtet werden: Sie sind fehlerhaft, auch wenn es Situationen gibt, in denen sie in Rechnungen angewandt werden ohne falsche Ergebnisse zu liefern.

Konjugation, Betrag und Argument

Das komplex konjugierte \( \overline{z} \) einer komplexen Zahl \( z=x+iy \) ist definiert als \[ \overline{z}=x-iy. \]

Graphisch gesehen enstpricht die Konjugation somit der Spiegelung eines Punktes an der reellen Achse. Bspw. ist \( \overline{i} = -i \), d.h. der Punkt \( (0,1) \) wird auf den Punkt \( (0,-1) \) gespiegelt.

Der Absolutwert oder Betrag einer komplexen Zahl \( z=x+iy \) ist \[ |z| = \sqrt{x^2+y^2}. \] Graphisch ist dies der (euklidische) Abstand des Punktes zum Nullpunkt.

Das Argument von \( z \), bezeichnet als \( \textrm{arg }z \), ist der gerichtete Winkel zwischen der positiven \( x \)-Achse und dem Ortsvektor des Punktes \( z \) in der komplexen Ebene. Das Argument kann positiv oder negativ sein und kann jegliche reellen Werte annehmen. Wenn \( z=x+iy \) und \( \phi=\textrm{arg z} \), dann ist mit der Definition des Tangens \[ \tan \phi = \frac{y}{x}. \] Das Argument ist nicht eindeutig, aufgrund der Periodizität der trigonometrischen Funktionen, aber Argumente zwischen \( 0 \) und \( 2\pi \) oder zwischen \( -\pi \) und \( \pi \) werden am häufigsten benutzt. Wenn Winkel zwischen \( -\pi \) und \( \pi \) benutzt werden, dann ist das Argument der komplexen Zahl \( z=x+iy \) mit positivem Realteil \( \textrm{arg} z = \arctan\frac{y}{x} \),und wenn der Realteil negativ ist, dann \( \textrm{arg} z = \pi + \arctan\frac{y}{x} \).

Die Polarform einer komplexen Zahl basiert auf ihrem Betrag, ihrem Argumen und den Definitionen von Sinus und Cosiunst: \[ z=|z|(\cos\phi + i\sin\phi). \] Durch Anwenden der Euler'schen Formel \[ e^{ix} = \cos x +i\sin x \] kann die Polarform auch in eine exponentielle Form gebracht werden \[ z=|z|e^{i\phi}. \]

Die Eulersche Formel kann bewiesen werden, wenn wir zuerst die Potenzreihen-Darstellung der Exponentialfunktion \[ e^x = \sum_{n=0}^\infty \frac{x^n}{n!} \] für komplexe Exponenten erweitern, und dann die Darstellung der Potenzreihen für Sinus und Cosinus anwenden.

Beispiel 1.

Wenn \( z=-2+i2\sqrt{3} \), dann ist \( |z|=\sqrt{(-2)^2 +(2\sqrt{3})^2} = 4 \) und das Argument ist der Winkel \( \phi \), so dass \( \tan \phi = \frac{2\sqrt{3}}{-2} = -\sqrt{3}\). Da der Realteil negativ ist, kann das Argument als Winkel \( \pi + \arctan(-\sqrt{3}) = \pi + (-\frac{\pi}{3}) = \frac{2\pi}{3} \) ausgedrückt werden. Somit ist die exponentielle Form \( z = 4 e^{i \frac{2\pi}{3}} \).

Durch Anwenden der exponentiellen Form ist leicht zu sehen, dass \[ z^n = |z|^n e^{in\phi} = |z|^n(\cos n\phi + i\sin n\phi). \] Merke auch, dass wegen der Periodizität von Sinus und Cosinus, wenn \( n \) ganzzahlig ist, dann
\[ |z|e^{i(\phi+n2\pi)} = |z|e^{i\phi}. \]