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Als ‚Deutsche Ilias‘ wurde das Heldenepos nach seiner Wiederentdeckung im 18. Jahrhundert gefeiert; im 19. Jahrhundert wurde aus seinen Bestandteilen der Stoff eines deutschen Nationalepos. Die politische Indienstnahme war gleichwohl wechselhaft: So brüllte noch der Propagandaminister des Naziregimes im Sportpalast von Nibelungentreue, während Friedrich der Große von „derlei elendem Zeug aus dem 13. und 14. Saeculo“ nichts hatte wissen wollen. Bei einer eingehenden Lektüre in der Gegenwart zeigt sich das Werk als eine Aktualisierung archaisch-heroischer Mythen, die in Konfrontation und Verbindung mit der um 1200 aktuellen höfischen Kultur eine Handlungsdynamik in Gang setzen, die damals wie heute beklemmend gewirkt haben muss: Die Pflege altererbter Vorstellungen und unerbittliche Vasallentreue in Verbindung mit Verrat und Rache treiben eine glanzvoll-blühend dargestellte höfische Welt geradezu unaufhaltsam in den Abgrund. Das Seminar soll in gemeinsamer intensiver Lektüre und Interpretation diesen Zugang überprüfen. Dazu gehört ein Blick auf die verschiedenen Fragen der Forschung an das Nibelungenlied wie auch auf die Rezeption.
Ausgabe: Das Nibelungenlied und die Klage. Nach der Handschrift 857 der Stiftsbibliothek St. Gallen. Mittelhochdeutscher Text, Übersetzung und Kommentar, herausgegeben von Joachim Heinzle (Bibliothek Deutscher Klassiker 196), Berlin 2013 (= Deutscher Klassiker Verlag im Taschenbuch 58).
Zur Einführung: Müller, Jan-Dirk: Das Nibelungenlied. 4., neu bearbeitete Auflage, Berlin 2015 (Klassiker-Lektüren 5)
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