In den allermeisten verwaltungsrechtlichen Fallklausuren fühlt sich ein fiktiver Bürger durch eine Maßnahme der Verwaltung in seinen Rechten verletzt und möchte sich hiergegen gerichtlich zu Wehr setzen. Der Student soll in der Klausur dann entweder in einem anwaltlichen Gutachten die Erfolgsaussichten der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe erörtern oder die Entscheidung des Gerichts vorwegnehmen. Daher steht in der Klausurlösung neben prozessualen Fragen vor allem die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsmaßnahme im Mittelpunkt. Im Folgenden soll deshalb ein Lösungschema aufgezeigt werden, das die wichtigsten verwaltungsrechtlichen Grundsätze dieses Kapitels wiederholt und so allgemein gehalten ist, dass es für alle in Betracht kommenden Handlungsformen der Verwaltung gilt. Detaillierte Lösungsschemata zu den einzelnen Handlungsformen werden dann in den §§ 4 ff. dieses Kurses behandelt.

Grundsätzlich gilt, dass eine Maßnahme der Verwaltung, die in Rechte eines Bürgers eingreift, immer dann rechtmäßig ist, wenn sie aufgrund einer ordnungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage erlassen worden ist und keine formellen und materiellen Fehler aufweist.

1. Ermächtigungsgrundlage

Das zwingende Vorliegen einer Ermächtigungsgrundlage ergibt sich aus dem Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG). Ist diese z.B. wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam, so ist auch die auf ihr beruhende Verwaltungsmaßnahme rechtswidrig.

2. Formelle Rechtmäßigkeit

Eine Maßnahme der Verwaltung ist dann formell rechtmäßig, wenn sie von der zuständigen Behörde erlassen wurde und keine beachtlichen Verfahrens- oder Formfehler aufweist.

a) Zuständigkeit

Die Zuständigkeit einer Behörde muss örtlich und sachlich beurteilt werden.

Welchem Verwaltungsträger (Bund, Land, Gemeinde, Anstalt, Körperschaft des öffentlichen Rechts) die Verwaltungsaufgabe zugewiesen ist, ergibt sich aus der entsprechenden Sachmaterie und den einschlägigen Spezialgesetzen. Bsp.: Erteilung einer Baugenehmigung in Bayern – Art. 53 Abs. 1 S.2 BayBO (Bayerische Bauordnung)

b) Verfahren

Verfahrensregeln, die die Verwaltung beachten muss, finden sich vor allem in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes (VwVfG) und der Länder (z.B. BayVwVfG). Für die Klausurlösung wichtig ist die Tatsache, dass nicht alle Verfahrensfehler zwingend zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme führen müssen, da die Verwaltungsverfahrensgesetze diverse Ausnahmeregelungen und Heilungsmöglichkeiten enthalten. Weitere Verfahrensvorschriften finden sich in den Spezialgesetzen (Bsp.: Beteiligung des Nachbarn im baurechtlichen Genehmigungsverfahren, Art. 66 BayBO).

c) Form

Für einige Handlungsformen der Verwaltung gelten bestimmte Formvorschriften, andere sind formfrei. So können z. B. öffentlich-rechtliche Verträge gem. § 57 VwVfG nur in Schriftform abgeschlossen werden. Für den Erlass eines Verwaltungsaktes gelten hingegen grundsätzlich keine bestimmten Formvorschriften. Daher kann ein Verwaltungsakt auch mündlich erteilt werden. Nur ausnahmsweise bedürfen bestimmte Verwaltungsakte zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (Bsp. Art. 68 Abs. 2 BayBO – Baugenehmigung).

3. Materielle Rechtmäßigkeit

a) Subsumtion unter die Ermächtigungsgrundlage

Für die Frage, ob die Behörde materiell rechtmäßig gehandelt hat, ist zunächst zu untersuchen, ob sie den Sachverhalt zutreffend unter die in Betracht kommende Ermächtigungsgrundlage subsumiert hat. Hierfür sind die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage herauszuarbeiten und der jeweilige Sachverhalt ist unter diese zu subsumieren. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage tatsächlich vor, war die Entscheidung der Behörde, ihre Maßnahme auf diese zu stützen, rechtmäßig. Oftmals müssen an dieser Stelle unbestimmte Rechtsbegriffe, die in der Ermächtigungsgrundlage enthalten sind, konkretisiert werden.

b) Wahl der richtigen Rechtsfolge

Als nächstes ist zu überprüfen, ob die konkret getroffene Maßnahme von der Rechtsfolge der Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist. Bei gebundenen Rechtvorschriften handelt die Verwaltung rechtmäßig, wenn sie die vorgeschriebene Rechtsfolge einhält. Schwieriger sind die Fälle, in denen der Verwaltung Ermessensspielräume für die Rechtsfolge eingeräumt werden. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Rechtsfolge mit einem „kann“ bzw. einem „soll“ versehen ist (Bsp.: „Das Landratsamt kann unter folgenden Voraussetzungen den Gewerbeschein einziehen“). Hier handelt die Behörde rechtmäßig, wenn sie eine ermessensfehlerfreie Entscheidung findet. (hierzu näher unter § 3 des Kurses). Vor allem darf die Entscheidung nicht willkürlich erfolgen.

c) Verhältnismäßigkeit der Maßnahme

Schließlich ist für die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit einer Verwaltungsmaßnahme noch zu untersuchen, ob diese verhältnismäßig ist, d.h. ob ein legitimer Zweck für den Eingriff in die Rechte des Bürgers vorliegt und die Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen ist (siehe oben).

Zuletzt geändert: Dienstag, 15. Dezember 2009, 15:13