Heute: Säuren und Basen

Das Arrhenius-Konzept

Das Brønsted-Lowry-Konzept

Protolysegleichgewichte


Sauer und Basisch

Verschiedene Indikatoren mit den jeweiligen Farbumschlägen
Verschiedene Indikatoren mit den jeweiligen Farbumschlägen

Historischer Überblick

  • Arrhenius (1887)
    • Säuren sind Stoffe, die in wässriger Lösung \(H^+\)-Ionen bilden
    • Basen sind Stoffe, die in wässriger Lösung \(OH^-\)-Ionen bilden

  • Brønsted-Lowry (1923)
    • Säuren sind Stoffe, die Protonen abgeben können –> Protonendonatoren
    • Basen sind Stoffe, die Protonen aufnehmen können –> Protonenakzeptoren

  • Lewis (1938)
    • Säuren sind Elektronenpaar-Akzeptoren
    • Basen sind Elektronenpaar-Donatoren

Brønsted-Lowry-Konzept

  • eine Säure-Base-Reaktion ist eine Protonenübertragungsreaktion
  • zwei Säure-Base-Paare –> konjugiertes bzw. korrespondierendes Säure-Base-Paar

\(HA + B \rightleftharpoons HB^+ + A^-\)
Säure1 + Base2 \(\rightleftharpoons\) Säure2 + Base1


Struktur von “Brønsted-Säuren”

  • eine Brønsted-Säure enthält allg. polar gebundenen Wasserstoff
  • z.B. Bindung von H zu Nichtmetallen

Struktur von “Brønsted-Säuren” 2


Amphoterie

Amphoter sind Verbindungen, die in Abhängigkeit des Charakters eines weiteren Säure-Base-Paars als Säure oder Base reagieren können

\(HCl_{(g)} + H_2O_{(l)} \rightleftharpoons H_3O^+_{(aq)} + Cl^-_{(aq)}\)

Säure1 + Base2 \(\rightleftharpoons\) Säure2 + Base1

\(H_2O + NH_{3(aq)} \rightleftharpoons NH^+_{4(aq)} + OH^-_{(aq)}\)

weitere Beispiele: \(HCO^-_3, HSO^{2-}_4, HPO^{2-}_4\)


Autoprotolyse des Wassers

  • als Folge der amphoteren Eigenschaften von Wasser reagiert es auch mit sich selbst –> Autoprotolyse \(H_2O + H_2O \rightleftharpoons H_3O^+ + OH^-\)
  • hier lässt sich das Massenwirkungsgesetz (MWG) anwenden

Einschub MWG

  • Guldberg und Waage ermittelten das MWG experimentell (1864)

Herleitung über Reaktionskinetik

  • Geschwindigkeit einer Reaktion ist direkt proportional zur relativen Aktivität der Edukte hoch deren stöchiometr. Koeffizienten \(v \sim \ a(Edukte)^{|\nu_i|}\)
  • je höher die Aktivität der Edukte desto schneller läuft die Reaktion ab

Im Verlauf

  • während der Hinreaktion nimmt die Aktivität der Edukte ab u. Aktivität der Produkte zu –> Geschwindigkeit der Hinreaktion wird kleiner / Rückreaktion größer
  • wenn beide Geschwindigkeiten gleich groß sind –> in gleicher Zeit gleiche Menge Edukt und Produkt gebildet

Einschub MWG 2

\(aA+bB \rightleftharpoons cC+dD\)

\(v_{hin}=k_{hin}\cdot a^a(A) \cdot a^b(B)\)
\(v_{rueck}=k_{rueck}\cdot a^c(C) \cdot a^d(D)\)

im GG –> \(v_{hin}=v_{rueck}\)

womit sich folgendes ergibt: \(K=\frac{k_{hin}}{k_{rueck}}= \frac{a^c(C) \cdot a^d(D)}{a^a(A) \cdot a^b(B)}\)


zurück zur Autoprotolyse

\(H_2O + H_2O \rightleftharpoons H_3O^+ + OH^-\)
- hier lässt sich das MWG anwenden:

\[ K_{c}=\frac{c_{H_3O^+}\cdot c_{OH^-}}{c^2_{H_2O}} \]

  • GG liegt auf der linken Seite –> Konzentration von 55,55 mol/l praktisch konstant
  • die Konzentration kann in die GG-Konstante einbezogen werden:

\[ c_{H_3O^+} \cdot c_{OH^-}=K_c \cdot c^2_{H_2O}=K_W \]

für eine Temperatur von \(25 ^{\circ}C\) folgt: \(K_W=1\cdot10^{-14}mol^2l^2\)


Ionenprodukt des Wassers

  • \(H_3O\) und \(OH^-\) werden im gleichen Umfang gebildet, daher für \(25^{\circ} C\): \[ c_{H_3O^+}=c_{OH^-}=\sqrt{K_W}=10^{-7}mol\cdot l^{-1} \]

  • sehr kleine Konzentrationen in reinem Wasser

pH-Wert

\[ pH=-lg{(c_{H_3O^+})} \] - daraus folgt ein pH-Wert für reines Wasser von: \[ pH=-lg{(c_{H_3O^+})}=-lg{(1 \cdot 10^{-7}mol \cdot l^{-1})}=7 \]


Der pH-Wert

  • die Skala erstreckt sich von:


Der pH-Wert 2

  • pH < 7 : saure Lösungen
  • pH = 7 : neutrale Lösungen (\(c_{H_3O^+}=c_{OH^-}\))
  • pH > 7 : basische Lösungen

  • der pOH-Wert ist analog zum pH-Wert definiert als: \(pOH=-lg{(c_{OH^-})}\)
  • es gilt: \(pH+pOH=-lg(K_W)=14\)

Beispiel - pH-Wert

Tafel

Welchen pH-Wert hat Natronlauge mit 0.0005 mol NaOH pro Liter? Wie groß ist \(c(H^+)\)?


Stärke von Brønsted-Säuren/Basen

  • Abgabe/Aufnahme Protonen wie leicht möglich?
  • Reaktionspartner ist entscheidend
  • stärkste Säure reagiert mit stärkster Base –> Bildung schwächster korrespondierender Base und Säure
  • Stärke vergleichbar wenn auf gleiche Base bezogen –> im allg. Wasser

Starke und schwache Säuren

  • starke Säuren: dissoziieren vollständig: –> nur \(OH^-\) und \(A^-\) in Lösung

  • die Säure dissoziiert nur teilweise: echtes GG: –> in der Lösung \(HA, H_2O, H_3O^+\) und \(A^-\)

Der \(pK_S\)-Wert

  • qualitatives Maß zur Bestimmung der Säurestärke
  • Aufstellen des MWG, wobei in verd. Lösungen die \(H_2O\)-Konzentration annähernd konstant ist:

\[ K_S = \frac{c_{H_3O^+} \cdot c_{A^-}}{c_{HA}} \]

  • \(K_S\) ist die Säurekonstante, wobei der negative dekadische Logarithmus dieses Werts verwendet wird:

\[ pK_S=-lg(K_S) \]


pH-Wert von starken Säuren

  • das Protolysegleichgewicht liegt weit auf der rechten Seite
  • pro Säure-Molekül wird praktisch ein \(H_3O^+\)-Molekül gebildet
  • somit \(c_{HA}=c_{H_3O^+}\) –> \(pH=-lg(c_{HA})\)

Beispiel zu starken Säuren 2?

Tafel


pH-Wert von schwachen Säuren

  • unvollständige Dissoziation in wässriger Lsg.

\[ K_S = \frac{c_{H_3O^+} \cdot c_{A^-}}{c_{HA}} \]

  • aus einem Molekül HA entsteht jeweils ein \(H_3O^+\)- und ein \(A^-\)-Ion
    –> \(c_{H_3O^+}=c_{A^-}\)

pH-Wert von schwachen Säuren 2

  • aus dem Protolyse-GG ergibt sich mit \(c_{H_3O^+}=c_{A^-}\) \[ c^2_{H_3O^+}=K_S \cdot c_{HA} \]

\[ c_{H_3O^+}=\sqrt{K_S}\cdot c_{HA} \]

  • \(c_{HA}\) ist die Konz. der Säuremolek. im GG –> entspricht der Anfangskonzentration vermindert um die umgesetzten HA-Moleküle \[ c_{HA}=c_{Saeure}-c_{H_3O^+} \]
  • damit kann der pH-Wert wie folgt berechnet werden: \[ pH=-\frac{1}{2}\cdot(pK_S-lg(c_{Saeure})) \]

Beispiel Essigsäure

Tafel


Mehrprotonige Säuren (MPS)

  • der Fall wenn mehr als ein Proton abgespaltet werden kann
  • für die Protolyseschritte gilt allgemein: \(K_S(I)>K_S(II)>K_S(III)\)
  • für jeden der Schritte kann MWG formuliert werden

Schritte MPS

1. Abspaltung

  • \(H_2A + H_2O \rightleftharpoons H_3O^+ + HA^-\)
  • mit der Protolysekonstanten:
  • \(\frac{c_{H_3O^+} \cdot c_{HA^-}}{c_{H_2A}} = K_S(I)\)
  • die Konzentration von \(H_3O^+\)- ist gleich der \(HA^-\)-Ionen

2. Abspaltung

  • \(HA^- + H_2O \rightleftharpoons H_3O^+ + A^{2-}\)
  • \(\frac{c_{H_3O^+} \cdot c_{A^{2-}}}{c_{HA^-}} = K_S(II)\)
  • die Konz. von \(H_3O^+\)- und \(HA^-\)-Ionen ändert sich sehr wenig –> Konz. d. \(A^{2-}\)-Ionen gleich \(K_S{II}\)

Zusammenfassung 1 MPS

  • Multiplikation der beiden Protolysekonstanten:

\[ K_S(I) \cdot K_S(II) = \frac{c_{H_3O^+} \cdot c_{HA^−} \cdot c_{H_3O^+} \cdot c_{A^{2−}}}{c_{H_2A} \cdot c_{HA^−}} = \frac{c^2_{H_3O^+} \cdot c_{A^{2−}}}{c_{H_2A}} \]

  • dies kann umgestellt werden und es wird eine Beziehung erhalten, mit der in Abhängigkeit des pH-Werts die \(A^{2-}\)-Konzentration berechnet werden kann:

\[ c^2_{H_3O^+} \cdot c_{A^{2−}}=K_S(I) \cdot K_S(II) \cdot c_{H_2A} \]


Beispiel \(H_3PO_4\)

Tafel


\(pK_B\)-Wert von Basen

  • alles wie gehabt :)
  • \(A^- + H_2O \rightleftharpoons OH^- + HA\)
  • MWG aufstellen: \[ \frac{c_{OH^-} \cdot c_{HA}}{c_{A^-} \cdot c_{H_2O}} = K_B \]

  • \(pK_B=-lg(K_B)\)

Die weitere Vorgehensweise zur Berechnung von pOH-Werten entspricht dem der pH-Wert-Berechnungen.


Zusammenhang zwischen \(pK_S\)- und \(pK_B\)-Wert

  • das Produkt aus Säure- und Basekonstante liefert das Ionenprodukt des Wassers

\[ K_S \cdot K_B = \frac{c_{H_3O^+} \cdot c_{A^-} \cdot c_{OH^-} \cdot c_{HA}}{c_{HA} \cdot c_{A^{-}}}=c_{H_3O^+} \cdot c_{OH^-}=K_W \]

und somit:

\[ pK_B+pK_S=14 \]

Je stärker eine Säure, desto schwächer die Base (und umgekehrt)


Puffer und Pufferlösungen

Der pH-Wert von Pufferlösungen ist gegenüber Säure- bzw. Base-Zugabe relativ stabil

  • bestehen aus: Schwache Säure/Base und dem korrespondierendem Salz

  • Anwendung des MWG auf Protolysereaktion: \(HA + H_2O \rightleftharpoons H_3O^+ + A^-\)

\[ K_S=\frac{c_{H_30^+} \cdot c_{A^-}}{c_{HA} \cdot c_{H_2O}} \]

  • jetzt umstellen:

\[ c_{H_3O^+}=K_s \frac{c_{HA}}{c_{A^-}} \]

  • daraus folgt:

\[ pH=pK_S+lg\frac{c_{A^-}}{c_{HA}} \]


Säure-Base-Titrationen

  • maßanalytisches Verfahren
  • Volumenmessung und stöchiometrische Berechnung
  • es wird eine Maßlösung bekannter Konzentration zur Probe- bzw. Analyselösung gegeben, bis diese in einer bekannten Reaktion vollständig umgesetzt ist (Äquivalenzpunkt)
  • dies entspricht der gesuchten Stoffmenge in der Analyselösung


Titration starke Säure mit starker Base

Titration von 50.0 ml HCl (0.100 mol/l) mit Natronlauge (0.100 mol/l), schematisch
Titration von 50.0 ml HCl (0.100 mol/l) mit Natronlauge (0.100 mol/l), schematisch

  • am Äquivalenzpunkt –> Salzlösung \(c(Na^+)=c(Cl^-)\)
  • nach ca. 49.9 ml erreicht –> pH=7
  • $ HCl_{aq} + NaOH_{aq} NaCl_{aq} + H_2O_{aq}$
  • wenn \(c(HCl)\) unbekannt ist dann kann mit Hilfe der Neutralisationsgleichung
    \(n(HCl)=n(NaOH)\) c(HCl) berechnet werden \[ c(HCl) \cdot V(HCl) = c(NaOH) \cdot V(NaOH) \] –> \[ c(HCl)= c(NaOH) \cdot \frac{V(NaOH)}{V(HCl)} \]

Titration schwache Säure mit starker Base

Titration von 50.0 ml Essigsäure (0.100 mol/l) mit Natronlauge (0.100 mol/l), schematisch
Titration von 50.0 ml Essigsäure (0.100 mol/l) mit Natronlauge (0.100 mol/l), schematisch

  • gibt man 10,0 ml NaOH hinzu so ist \(\frac{1}{5}\) der Essigsäure in Acetat umgewandelt
  • das Konzentrationsverhältnis für \(\frac{c(CH_3COOH)}{c(CH_3COO^-)}\) ist somit 4:1
  • für den pH-Wert ergibt sich: \(pH=pK_S-lg\frac{c(CH_3COOH)}{c(CH_3COO^-)}=4,74 -lg\frac{4}{1}=4,14\)
  • am Äquivalenzpunkt sämtliche Essigsäure dissoziiert –> \(Na^++CH_3COO^-\) d.h. Lsg. einer reinen schwachen Base –> 5,00 mmol Acetat-Ionen in 100 ml Lsg.

Titration schwache Säure mit starker Base 2

  • wenn 5,00 mmol Acetat-Ionen enthalten sind: \[ c(CH_3COO^-)=\frac{5,00 mmol}{100ml}=0.0500 mmol \cdot l^{-1} \]

\[ pOH=\frac{1}{2}(9,26-lg0,0500)=5,28 \]

\[ pH=14-pOH=8,72 \]


Titration zweiter Teil

schwache Base mit starker Säure

Titration von 50.0 ml Ammoniak (0.100 mol/l) mit Salzsäure (0.100 mol/l), schematisch
Titration von 50.0 ml Ammoniak (0.100 mol/l) mit Salzsäure (0.100 mol/l), schematisch

schwache Säure schwache Base

Titration von 50.0 ml Essigsäure (0.100 mol/l) mit Ammoniak (0.100 mol/l), schematisch
Titration von 50.0 ml Essigsäure (0.100 mol/l) mit Ammoniak (0.100 mol/l), schematisch

Beispiel - Titration

Tafel


Fragen?


12.04.2019

Daniel Bellinger