Grundsätzliches zum Sozialrecht

4. Untergliederung des Sozialrechts

Eine Vielzahl von Gesetzestexten, die nicht nur in den SGB I bis XII zu finden sind, sowie zahlreiche untergesetzliche Normen wie Richtlinien und Verwaltungsvorschriften erschweren den Einblick in das Gebiet des Sozialrechts.

Es soll versucht werden, dieses große Gebiet etwas zu strukturieren.

Früher wurde das Sozialrecht unterteilt in drei Bereiche: Versorgung, Fürsorge und Sozialversicherung. Diese Unterteilung steht dabei in engem Zusammenhang mit der geschichtlichen Entwicklung des Sozialrechts und den Unterschieden bei der Finanzierung (Steuer- oder Beitragsfinanzierung).

  • Die Sozialversicherung ist dadurch gekennzeichnet, dass bestimmte Risiken wie Krankheit, Alter oder Unfall abgesichert werden und durch die Entrichtung von Beiträgen für den künftigen, in seiner Gesamtheit vorhersehbaren, Bedarf Vorsorge getroffen wird. Der Anspruch des Einzelnen entsteht dabei bei Eintritt des Versicherungsfalles unabhängig von der Bedürftigkeit des Einzelnen.
  • Versorgung meint nach der klassischen Auffassung staatliche, aus Steuern finanzierte Leistungen, die wegen besonderer Opfer des Einzelnen erbracht werden. Auch hier spielt eine tatsächliche Bedürftigkeit keine Rolle.
  • Fürsorge stellt demgegenüber einen veralteten Begriff für die Absicherung des Existenzminimums dar. Dieser aus Steuern finanzierte staatliche Beitrag erfolgt nur, wenn der Einzelne auch bedürftig ist. Sie ist nur subsidiär anwendbar, wenn alle Versuche der Fremd- oder Selbsthilfe, auch private Hilfsleistungen nicht erfolgen oder nicht ausreichend sind.


Diese klassische Dreiteilung passt auf neuere Gesetze nicht mehr. Das sind z.B. das Wohngeldrecht, Ausbildungsförderung oder der Familienlastenausgleich. Deshalb wurde eine neue Einteilung entwickelt. Es wird unterschieden zwischen Vorsorgesystemen, Entschädigungssystem und Ausgleichssystemen. Der Ausgleich erfolgt dabei durch Förderungen und Hilfen. Diese haben sich im Laufe der Zeit gegenüber dem „Ausgleich“ durchgesetzt. Die Systematik richtet sich dabei vornehmlich nach den Funktionen der entsprechenden Sozialleistung. Kurz gesagt: heute gibt es die Bereiche VorsorgeEntschädigung sowie Hilfe und Förderung.


a. Vorsorge

Die Vorsorge deckt sich im Wesentlichen mit den Sozialversicherungen nach der klassischen Einteilung.

Sozialversicherung

Die Sozialversicherung soll vor den allgemeinen Lebensrisiken wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit, aber auch Arbeitslosigkeit schützen.

Wichtige Prinzipien der Sozialversicherung sind das Versicherungsprinzip sowie das Solidaritätsprinzip. Das System finanziert sich grundsätzlich über die Beiträge der Versicherten.


b. Entschädigung

Die Entschädigung dagegen dient der Sicherung gegen schädigende Ereignisse, gegen die eine Vorsorge nicht möglich ist und für die die Allgemeinheit einstehen muss. Dabei geht es nicht - wie in der Sozialversicherung - um allgemeine Lebensrisiken, sondern um einen Nachteilsausgleich, der durch die Übernahme besonderer Risiken entsteht.

Die Kosten für diese Entschädigung trägt die Allgemeinheit, d.h. die Leistungen sind steuerfinanziert.


c. Hilfe und Förderung

Die Leistungen im Rahmen der Hilfe und Förderung wiederum sollen besondere Belastungen oder Leistungsschwächen des Einzelnen ausgleichen. Das wären etwa Fälle, in denen der Einzelne die Miete nicht mehr erbringen kann und deshalb Wohngeld beziehen darf. Unter diese Kategorie fallen aber auch Ausbildungsbeihilfen und –förderungen, etwa um Chancengleichheit herzustellen. Dem Einzelnen soll auf diesem Weg die Möglichkeit gegeben werden, später selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen.

Diese Leistungen setzen keine vorherige Mitgliedschaft in einem Sozialleistungssystem voraus, sie sind damit nicht durch von Mitgliedern getragene Beitragsleistungen finanziert, sondern werden durch die Allgemeinheit getragen (Steuerfinanzierung).