Grundsätzliches zum Sozialrecht
1. Grundlagen des Sozialrechts
1.3 Verfassungsrechtliche Grundlagen
Wie bereits festgestellt, ist es Aufgabe des Sozialrechts, für soziale Gerechtigkeit und soziale Sicherheit zu sorgen. Trotz dieser verfassungsrechtlichen Dimension wird das Sozialrecht im Grundgesetz nur im Rahmen der Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen ausdrücklich erwähnt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Grundgesetz die verfassungsrechtliche Bedeutung des Sozialrechts verneint, sondern lediglich, dass die grundgesetzlichen Regelungen mit Bezügen zum Sozialrecht dieses nicht ausdrücklich nennen. Sozialrechtliche Bezüge finden sich in den einzelnen Grundrechten (Art. 1 Abs. 1, 2, 3, 6, 12 GG) sowie im sich aus Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 S. 1 GG ergebenden Sozialstaatsprinzip.
Das Grundgesetz hat - anders als diverse Landesverfassungen und auch die Weimarer Reichsverfassung - auf das Formulieren sozialer Grundrechte verzichtet. Grund dafür war die Sichtweise, dass insbesondere soziale Grundrechte einem stetigen Wandel untelliegen und daher nicht auf die selbe Art und Weise wie andere Grundrechte dauerhaft festgesetzt werden können.
Als ganz wesentliche verfassungsrechtliche Grundlagen des Sozialrechts sind insbesondere zu nennen:
- Art. 1 Abs. 1 GG
- Art. 3 GG
- Art. 20 Abs.1 GG, Art. 28 Abs. 1 GG
a. Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG: Sozialstaatsprinzip
Das Sozialstaatsprinzip steht gleichberechtigt neben anderen Staatsprinzipien wie dem Demokratieprinzip oder dem Rechtsstaatsprinzip. Es stellt ein Grundprinzip der deutschen Verfassung dar. Als solches unterliegt es der sog. Ewigkeitsklausel aus Art. 79 Abs. 3 GG und darf nicht aufgehoben werden.
Das Sozialstaatsprinzip verlangt vom Staat Regelungen und Mechanismen zur Vorsorge und Fürsorge für Einzelne oder für Gruppen der Gesellschaft zu schaffen, die aufgrund persönlicher Lebensumstände oder gesellschaftlicher Benachteiligung in ihrer persönlichen oder sozialen Entfaltung behindert sind.
Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet den Gesetzgeber damit dazu, bei der Gesetzgebung die Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit und Sicherheit zu beachten und soziale Gegensätze auszugleichen.
Auch wenn der Gesetzgeber an dieses Prinzip gebunden ist, ist beispielsweise die Sozialversicherung als solche nicht verfassungsrechtlich geschützt.
b. Art. 1 Abs. 1 GG: Menschenwürde
Art. 1 Abs. 1 GG erklärt die Würde des Menschen für unantastbar. Damit ist der Staat verpflichtet, die Menschenwürde seiner Bürger zu schützen. Der Staat ist damit zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins, d.h. zur Sicherung des Existenzminimums verpflichtet.
c. Art. 3 Abs. 1 GG: Gleichheitssatz
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG besagt, dass es dem Staat grundsätzlich untersagt ist, vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte wesentlich gleich zu behandeln.
Der Gleichheitssatz ist im Sozialrecht in unterschiedlichen Aspekten von Bedeutung. Dies reicht von dem Gebot der Gleichbehandlung über Chancengleichheit und Teilhaberechten bis hin zu Benachteiligungsverboten.
Relevant sind insbesondere Fälle, in welchen Sozialleistungen an bestimmte Personengruppen vergeben werden, an andere hingegen nicht. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG kann in der Folge dazu führen, dass gesetzlich nicht leistungsberechtigte Personen dennoch Leistungsansprüche haben.