Grundlagen der anwendungsbezogenen Hochschulmathematik

1. Zahlen und Terme

1.3. Elementare algebraische Regeln

Elementare algebraische Regeln
Wir wollen zunächst die wichtigsten algebraischen Begriffe und Rechenregeln wiederholen. Die Grundlegenden Rechenoperationen sind Addition und Subtraktion sowie Multiplikation und Division. Betrachtet man die Verknüpfung dieser Operationen müssen wir zunächst ein paar Grundlegende Regeln wiederholen, damit man nicht auf das häufig im Netz verbreitete Problem stößt, dass die Lösung von \(6:2(1+2)=1\) falsch ist.
"von links nach rechts"
Wie in der deutschen Sprache lesen wir auch mathematische Terme grundsätzlich von links nach rechts. Dies setzt aber keinesfalls die weiteren Rechengesetze aus.
"Klammer vor Potenz vor Punkt vor Strich"
Betrachten wir uns eine Aufgabe aus dem Internet: 66-6:6. Würde man ausschließlich von links nach rechts rechnen, so erhielte man 10, was aber falsch ist, denn Priorität hat die Division ("Punkt") vor der Subtraktion ("Strich"). D.h. das korrekte Ergebnis ist 65. Um 10 zu erhalten, müsste man Klammern setzen: \((66-6):6=10\)
Kommutativgesetz:
\( a \cdot b = b \cdot a\) oder \( a  + b = b + a\)
Distributivgesetz
Das Distributivgesetz besagt, dass
\( a \cdot (b \pm c) = ab \pm ac \)
Einer der häufigst angewandten Fälle ist, wenn \( a=-1 \). Hat man bspw. \( T_1 \) und \( T_2 \) (z.B. Temperaturen) gegeben, so ist \( (T_1 - T_2) = -1 \cdot (T_2 - T_1) \). Analog werden die Vorzeichen der Summanden in der Klammer "gedreht", wenn dort mehrere stehen.
Wofür benötigen wir die Regel von 'links nach rechts'? Dies ist der Fall, wenn eine Rechenoperation weder kommutativ noch assoziativ ist, wie z.B. die Division. Das liegt daran, dass die Division im Prinzip keine eigenständige Rechenoperation ist, sondern wird über die Multiplikation mit dem Inversen des Divisors definiert. Kurz gesagt: \(a:b=a\cdot  \frac{1}{b}\)
Aufgabe:
Im Folgenden ist dargestellt wie man im Alten China gerechnet hat, doch warum funktioniert das eigentlich? Zeigen Sie im folgenden unter Einsatz der obigen Rechenoperationen, wie die Multiplikation mit Strichen funktioniert. Multiplikation mal anders


Potenzen und Rechenregeln

Für Produkte aus gleichen Faktoren \(a \in \mathbb{Q} \) wird die folgende Kurzschreibweise verwendet:  \( \underbrace{a \cdot \dots \cdot a}_{n \textrm{ mal}} (n \in \mathbb{N}) \) mit n Faktoren.

Insbesondere gilt \(a^1=a\)

Wir bezeichnen n als Exponenten und a als die Basis.

Wir definieren:

Definition 1 (Potenzen mit ganzzahligen Exponenten)

\(a^0=0\) für alle \(a \in \mathbb{Q} \)

und

\( a^{-n}=\frac{1}{n}\) für alle \(a \in \mathbb{Q} \setminus \{0\} \) und \( n \in \mathbb{N}\)

Dem gegenüber steht die Wurzel, die die Umkehrfunktion des Potenzierens darstellt.
Die (Quadrat-)Wurzel \(\sqrt{x}\) ist definiert, als diejenige nicht-negative Zahl, deren Quadrat \(x\) ergibt. Der Ausdruck unter der Wurzel heißt dabei Radikand. Da Quadrate stets größer oder gleich 0 sind (nicht-negativ), kann die Wurzel nur aus nicht-negativen Zahlen "gezogen" werden. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Quadratwurzel nur aus nicht-negativen Zahlen definiert ist und ihr Wert per Definition auch nicht-negativ ist.
Allerdings gilt dies nicht für alle Wurzeln. So ist analog die dritte Wurzel ("Kubikwurzel") (\( \sqrt[3]{x}\)) definierbar als diejenige Zahl, die hoch drei den Radikanden ergibt. Man kann aber \( \sqrt[3]{-125}\) berechnen: Wegen \( (-5)^3=-125 \) ist \(-5\) die gesuchte Zahl. Verallgemeinern wir diesen Gedanken für \(n-\)te Wurzeln, so lässt sich aus einer negativen Zahl die Wurzel ziehen genau dann, wenn der \(n\) ungerade ist - ansonsten nicht.
Statt \( \sqrt[n]{x} \) kann man auch \( x^{\frac1n}\) schreiben. Diesen Zusammenhang findet man bspw. in der ersten Rechenregel wieder, die eigentlich direkt aus der letzten folgt, oder wird teils zum Eingeben in ein Berechnungssystem benötigt.
Bruchrechnen mit Bruchtermen
Ein Bruch \( \frac{a}{b} \) besteht aus dem Zähler \( a \) und dem Nenner \( b \), die durch den Bruchstrich voneinander getrennt sind. Inhaltlich kann man einen Bruch als Division \( a:b \) verstehen.
Brüche haben die Besonderheit, dass eine Zahl durch mehrere Brüche dargestellt werden kann. Es gibt unendlich viele Möglichkieten eine Bruch darzustellen. Die verschiedenen Darstellungen für den gleichen Wert bezeichnet man als Äquivalenzklasse, ein Element dieser Menge stellt einen Repräsentanten dar. So ist die Dezimalzahl \( 0,5 \) als \( \frac{1}{2}, \frac{2}{4}, \frac{162}{324}, etc. \) darstellbar.
Diese sind durch Erweitern und Kürzen ineinander überführbar. Dabei werden Zähler und Nenner mit derselben Zahl multipliziert bzw. dividiert. Letzteres funktioniert durch gemeinsame Teiler von Zähler und Nenner.
Beachte: Manchmal findet man auch die Schreibweise als gemischten Bruch z.B. \( 3\frac{1}{2}) als Mengenangabe in der Küche. Dies ist als Addition einer natürlichen Zahl mit einem Bruch zu verstehen, wobei die ganze Zahl in einen Bruch mit demselben Nenner umgewandelt werden muss. Leider sehr ähnlich findet sich in der Mathematik die Schreibweise der Multiplikation einer natürlichen Zahl mit einem Bruch, da Malpunkte oft weggelassen werden. Hierbei kann man die natürliche Zahl auch in einen Bruch umwandeln und das Produkt mit der Multiplikationsregel für Brüche zusammenfassen:
\( 3\frac{1}{2} = 3 + \frac{1}{2} = \frac{7}{2} \neq \frac{3}{2} = 3 \cdot \frac{1}{2} \)
Was gemeint ist, erschließt sich aber meist aus dem Kontext.

Multiplikationsregel für Brüche

Brüche werden multipliziert, indem man die Zähler miteinander und die Nenner miteinander multipliziert.

Formel mit Platzhaltern

\( \frac{ \vartriangle }{ \square }\cdot \frac{\Diamond}{\bigcirc } = \frac{\vartriangle \cdot \Diamond}{\square \cdot \bigcirc } \)

Formel mit Variablen

\( \frac{a}{b} \cdot \frac{c}{d} = \frac{a \cdot c}{b \cdot d} \)


Applet Erweitern und Kürzen von Brüchen

Beispiel Bruchrechnung

Addieren von Brüchen

Prozentrechnung, Proportionalität und Dreisatz

Prozentrechnung
Möchte man den Anteil an etwas angeben, so wird dies meist in Prozent gemacht. So hatten nach dem Bundeszentrum für Ernährung im Jahr 2020 ca. 12,45 Mio.Deutsche eine Laktoseunverträglichkeit. D.h. bei einem Grundwert von ca. 83 Mio. Deutschen 15 % von dieser Problematik betroffen, da \( \frac{12,45 \, Mio}{83 \, Mio} \approx 0,15 = 15 \, \% \).
Das Prozentzeichen \( \% \) ist letztlich ähnlich wie eine Maßeinheit zu behandeln, die den Faktor 0,01 wiederspiegelt, aber einheitenlos ist.
Beachte: Werden Erhöhungen oder Erniedrigungen mit dem Wort um gekennzeichnet, so ist die ursrüngliche Größe mit dem Wert von 100 % zu berücksichtigen:
Angenommen ein Buch kostet zuvor 30 € und Preis wird um 20 % erhöht, so entspricht der neue Preis einem Wert mit dem Faktor 100 % + 20 % = 120 % = 1,2 des alten Werts, d.h. das Buch kostet nun 36 €
Proportionalität
Zwei Größen stehen zueinander in Proportionalität, wenn sie stets dasselbe Verhältnis haben. Kosten bspw. 1 Brötchen 30 ct, 2 Brötchen 60 ct, 10 Brötchen 300 ct, etc. so ist das Verhältnis aus Preis zu Brötchenanzahl stets 30 ct. Dies entspricht genau dem Einzelpreis und wird im Allgemeinen Proportionalitätskonstante genannt. Als Zeichen sind hierfür \( \sim \) oder \( \propto \) üblich.
Ein weiteres Beispiel ist der Kreisumfang \( U \) und der Durchmesser des Kreises \( d \), deren Zusammenhang durch den Term \( U = d \pi \) ausgedrückt wird. Es is also \( U \sim d \), wobei \( \pi \) die Proportionalitätskonstante ist.
Eine weitere Art der Proportionalität ist die sogenannte indirekte Proportionalität. Hierbei ist eine Größe proportional zum Inversen (Kehrbruch) der anderen Größe - nach dem Prinzip "je mehr, desto weniger". Ein gängiges Beispiel ist die Anzahl an Arbeitern im Vergleich zur verbrauchten Zeit. Es gilt dann:
\( Anzahl Arbeiter \sim \frac{1}{Zeit} \)
Bei der Proportionalität führt die Verdopplung, Verdreifachung, ... zur Verdopplung, Verdreifachung, ... der anderen Größe. Ein Kreis mit doppeltem Durchmesser hat also einen doppelt so großen Umfang. Im Gegensatz dazu führt eine Verdopplung der Kantenlänge eines Würfels zu einer Verachtfachung des Volumens, da dieses durch \( V=a^3 \) gegeben ist und damit \( V_{neu} = (2a)^3 = 8 a^3 \)
Dreisatz
Führt man den letzten Absatz gedanklich weiter, so stößt man direkt auf den Dreisatz. Wir führen dies an einem Beispiel aus:
Beispiel:
Ein Auto verbrauche auf 100 km genau 7,8 Liter Benzin. Wie viel Liter werden für 480 km benötigt?

Offensichtlich sind beide Größen proportional zueinander, d.h. eine Verdopplung der Strecke hat eine Verdopplung des benötigten Benzins zu Folge.

Wir wollen die Frage mit Hilfe des Dreisatzes berechnen. Zunächst rechnen wir den Verbrauch für eine kleinere Einheit wie 1 km aus:
\( 100 \, km \, \hat{=} \, 7,8 \, Liter \) \( 1 \, km \, \hat{=} \, \frac{7,8}{100} \, Liter = 0,078 \, Liter \)

Damit können wir nun auf den Wert für eine Strecke von 480 km schließen:

\( 480 \, km \, \hat{=} \, 480 \cdot 0,078 \, Liter = 37,44 \, Liter \)

Wir hätten unsere "kleinere Einheit" aber auch größer wählen können, solange wir wieder so multiplizieren, dass wir auf 480 km kommen:
\( 10 \, km \, \hat{=} \, 0,78 \, Liter \) \( 480 \, km \, \hat{=} \, 48\cdot 0,78 \, Liter = 37,44 \, Liter \)

Nach einem sehr ähnlichen Prinzip geht man vor, wenn indirekte Proportionalität vorliegt. Angenommen zwei Baustellenarbeiter benötigen für die Pflasterung des Platzes 6h, wie lange benötigen dann drei Bauarbeiter?

Wir gehen wieder schrittweise vor:

\( 2 \, Bauarbeiter\, \hat{=} \, 6 \, h \)
\( 1 \, Bauarbeiter\, \, \, \hat{=} \, 2 \cdot 6 \, h = 12 \, h \)
\( 3 \, Bauarbeiter\, \hat{=} \, \frac{12}{3} \, h = 4 \, h \)

Also benötigen drei Bauarbeiter 4 Stunden.